04.02.2006 Wirtschaftsrecht

OGH: Bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen kann eine Privatstiftung Konzernspitze von Kapitalgesellschaften sein


Schlagworte: Privatstiftungsrecht, Konzern, Kapitalgesellschaft, Aufsichtsrat, einheitliche Leitung
Gesetze:

§ 22 PSG, § 15 Abs 1 AktG

In seinem Beschluss vom 01.12.2005 zur GZ 6 Ob 217/05p hatte sich der OGH mit der Aufsichtratspflicht der Privatstiftung auseinanderzusetzen:

Durch das Erstgericht wurde für eine Privatstiftung, die durch zwei Aktiengesellschaften gegründet worden war, ein Aufsichtsrat gemäß § 22 PSG bestellt, weil allein schon die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Einflussnahme ausreiche, um den Beherrschungstatbestand zu erfüllen. Diese Entscheidung wurde durch das Rekursgericht bestätigt, weil die Möglichkeit einer einheitlichen Leitung des Konzerns besteht und durch die enge Personenverflechtung zwischen den Stiftungsvorständen und den Beiräten der beherrschten Gesellschaften auch tatsächlich gegeben sei.

Der OGH führte dazu aus: Es stellt sich grundsätzlich die Frage der Zulässigkeit einer Privatstiftung als Konzernspitze von Kapitalgesellschaften. Der Begriff der einheitlichen Leitung nach § 22 PSG unterliegt einem geringeren Maßstab als jener des § 15 Abs 1 AktG. Demnach genügt bereits eine geringfügige, aber tatsächlich ausgeübte Beeinflussung von wichtigen Leitungsbereichen, auch wenn diese mittelbar über die Tochtergesellschaften erfolgt, um eine einheitliche Leitung und damit die Aufsichtsratspflicht zu begründen. Die Konzernleitung darf allerdings auch nicht zu umfassend sein, weil ansonsten ein Verstoß gegen § 1 Abs 2 Z 1 und Z 2 PSG vorliegt. Entsprechende Bestimmungen in den Gründungsurkunden entfalten eine entsprechende Indizwirkung für das Vorliegen einer Konzernleitung. Für den Fall, dass sich die Tätigkeit der Privatstiftung auf die reine Verwaltung der Unternehmensanteile beschränkt, ist eine Privatstiftung als Konzernspitze unzulässig.