31.03.2006 Wirtschaftsrecht

EuGH: Eine nationale Bestimmung, mit der ein Mitgliedstaat in seinem Hoheitsgebiet den Vertrieb von Silberschmuck und das Sammeln von Bestellungen auf Silberschmuck im Wege von Haustürgeschäften verbietet, verletzt nicht den Grundsatz des freien Warenverkehrs, wenn eine solche Bestimmung für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gilt und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berührt


Schlagworte: Haustürgeschäft, Silberschmuckverkauf, Privatwohnung, Schmuckparty, Verkaufsmodalitäten
Gesetze:

Art 28, 30 EGV, § 57 Abs 1 GewO, Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (ABl. L 372, S. 31)

Mit Urteil vom 23.02.2006 zur GZ C-441/04 hat sich der EuGH mit Haustürgeschäften befasst:

Die Beklagte leitet ein in Deutschland niedergelassenes Unternehmen. Sie vertreibt im Gebiet der EU Schmuck im Wandergewerbe, wobei sie Privatpersonen in Privatwohnungen aufsucht und Silberschmuck zum Kauf anbietet. Nachdem die Beklagte auch in Österreich, und zwar in einem Privathaushalt in Klagenfurt, eine "Schmuckparty" veranstaltete, wurde Unterlassungsklage beim LG Klagenfurt eingebracht, da deren Tätigkeit gemäß § 57 Abs 1 GewO verboten sei.

In der Folge hat das LG das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob Art 28 EGV einer nationalen Regelung wie der des § 57 GewO entgegensteht, wonach der Vertrieb von Silberschmuck und das Sammeln von Bestellungen auf Silberschmuck im Wege von Haustürgeschäften verboten sind.

Dazu der EuGH: Die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (ABl. L 372, S. 31) dient der teilweisen Harmonisierung der Verbraucherschutzvorschriften für bestimmte Vertriebsmethoden, ua für den Abschluss von Kaufverträgen anlässlich eines Besuchs des Gewerbetreibenden bei einer Privatperson. Nach Art 8 der Richtlinie sind die Mitgliedstaaten befugt, Bestimmungen zu erlassen oder beizubehalten, die einen umfassenderen als den nach der Richtlinie vorgesehenen Verbraucherschutz garantieren sollen. Dies jedoch unter der Beachtung des Grundsatzes des freien Warenverkehrs iSd Art 28 EGV. Der Gerichtshof hat bereits klargestellt (C-267/91, C-268/91), dass nationale Bestimmungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, nicht geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne des Urteils Dassonville zu behindern, sofern diese Bestimmungen zum einen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und zum anderen den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob angesichts der Umstände des Ausgangsverfahrens die Anwendung der nationalen Bestimmung geeignet ist, den Marktzugang für Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten zu verhindern oder stärker zu erschweren, als dies bei inländischen Erzeugnissen der Fall ist, und gegebenenfalls zu prüfen, ob die betreffende Maßnahme durch ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel iSd Rechtsprechung des Gerichtshofes oder eines der in Art 30 EGV genannten Ziele gerechtfertigt ist und ob sie zu diesem Ziel in einem angemessenen Verhältnis steht.