21.04.2006 Wirtschaftsrecht

EuGH: Das völlige Fehlen einer Ausschreibung im Fall der Vergabe einer öffentlichen Dienstleistungskonzession ist rechtswidrig, es sei denn, die konzessionserteilende öffentliche Stelle übt über die konzessionsnehmende Einrichtung eine Kontrolle aus, wie über ihre eigenen Dienststellen und diese Einrichtung verrichtet zugleich ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Stelle, die ihre Anteile innehat; diese Voraussetzungen sind eng auszulegen, die Beweislast trägt jener, der sich auf diese beruft


Schlagworte: Ausschreibung, öffentliche Dienstleistungskonzession, öffentlicher Verkehrsdienst, Gemeinde
Gesetze:

Art 12, Art 43, Art 49, Art 86 EGV, Art 17 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114)

Mit Urteil vom 06.04.2006 zur GZ C-410/04 hat sich der EuGH mit Ausschreibungen öffentlicher Dienstleistungskonzessionen befasst:

Die AMTAB Servizio ist eine AG, deren Kapital vollständig von der Gemeinde Bari gehalten wird und deren einzige Tätigkeit darin besteht, einen öffentlichen Verkehrsdienst im Gebiet dieser Gemeinde zu betreiben. Die Gesellschaft wird vollständig von der Gemeinde Bari kontrolliert. Mit Beschluss vergab die Gemeinde ohne Ausschreibung den öffentlichen Verkehrsdienst für diese Gemeinde an die AMTAB Servizio.

Dazu der EuGH: Aus den Akten geht hervor, dass der öffentliche Verkehrsdienst im Gebiet der Gemeinde Bari zumindest teilweise über den Kauf von Fahrkarten durch die Benutzer finanziert wird. Diese Art der Vergütung ist charakteristisch für eine öffentliche Dienstleistungskonzession.

Öffentliche Dienstleistungskonzessionen sind vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen. Die öffentlichen Stellen, die sie schließen, haben jedoch trotzdem die Grundregeln des EG-Vertrags im Allgemeinen, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, sowie den Grundsatz der Gleichbehandlung (der Bieter) im Besonderen zu beachten. Zu den Vertragsbestimmungen, die speziell auf öffentliche Dienstleistungskonzessionen anwendbar sind, gehören auch Art 43 und Art 49 EGV. Das völlige Fehlen einer Ausschreibung im Fall der Vergabe einer öffentlichen Dienstleistungskonzession wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entspricht daher weder den Anforderungen der Art 43 und Art 49 EGV noch den Grundsätzen der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz, es sei denn, die konzessionserteilende öffentliche Stelle übt über die konzessionsnehmende Einrichtung eine Kontrolle aus, wie über ihre eigenen Dienststellen und diese Einrichtung verrichtet zugleich ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Stelle, die ihre Anteile innehat. Da es sich hierbei um eine Ausnahme von den allgemeinen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts handelt, sind diese genannten Voraussetzungen eng auszulegen, und die Beweislast dafür, dass die außergewöhnlichen Umstände, die die Ausnahme von diesen Vorschriften rechtfertigen, tatsächlich vorliegen, obliegt demjenigen, der sich auf sie berufen will. Eine auch nur minderheitliche Beteiligung eines privaten Unternehmens an der konzessionsnehmenden Gesellschaft schließt eine derartige Kontrolle jedenfalls aus.