05.05.2006 Wirtschaftsrecht

OGH: Bei ähnlichen Domainnamen ist für die Beurteilung der Irreführungseignung bzw Verwechslungsgefahr der Inhalt der Website maßgebend


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, Internetrecht, Domain, Namensrecht, beteiligte Verkehrskreise, Zuordnungsverwirrung, Gattungsbegriff, Verkehrsgeltung
Gesetze:

§§ 1, 2 UWG, § 43 ABGB

In seinem Erkenntnis vom 14.02.2006 zur GZ 4 Ob 165/06a hat sich der OGH mit den Umlautdomains befasst:

Der Kläger ist als Körperschaft öffentlichen Rechts zur Vertretung der österreichischen Rechtsanwälte sowie zur Wahrung ihrer Rechte und Angelegenheiten berufen. Er ist Inhaber der Domain rechtsanwaelte.at. Der Beklagte verwendet die Umlautdomain rechtsanwälte.at. Der Schwerpunkt seiner betrieblichen Tätigkeit besteht in elektronischen Dienstleistungen als Portalbetreiber der Suchmaschine "volkssuche.de". Zentrales Merkmal der dabei angewendeten Technik ist, dass der Beklagte eine Vielzahl von Allgemeinbegriffen zum Zwecke der Strukturierung der Suchergebnisse als Domain registrieren lässt. Der Kläger sieht darin ein sittenwidriges (§ 1 UWG) als auch irreführendes Handeln (§ 2 UWG) sowie auch eine Verletzung des Namensrechts (§ 43 ABGB).

Dazu der OGH: Die Registrierung einer Domain ist sittenwidrig iSd § 1 UWG wenn sie in der Absicht erfolgt, den oder die Mitbewerber zu behindern und diese Absicht im Zeitpunkt der Registrierung vorliegt und das überwiegende, wenn auch nicht das einzige Motiv des Rechtserwerbs ist. Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Beklagte die Domain jedoch nicht in der Absicht erworben, die Kläger zu behindern.

Nach § 2 UWG kann die Unterlassung von zur Irreführung geeigneten Angaben verlangt werden, die im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gemacht werden. Für Domainnamen besteht, anders als für Marken (§ 4 Abs 1 Z 8 MSchG) oder Firmen (§ 18 Abs 2 HGB) kein sondergesetzliches Täuschungsverbot. Die beteiligten Verkehrskreise gehen auch nicht davon aus, dass ein allfälliger Sinngehalt des Domainnamens in jedem Fall den Inhalt der mit der Domain aufrufbaren Website beschreibt. Die Domain des Beklagten setzt sich aus der Berufs- und damit Gattungsbezeichnung "Rechtsanwälte" und der Top Level Domain .at zusammen. Soweit Internetnutzer daraus schließen, durch Eingabe dieser Domain auf die Website der Standesvertretung der österreichischen Rechtsanwälte zu gelangen, werden sie durch den Inhalt der Startseite der Website in einer jeder Zweifel ausschließenden Weise aufgeklärt. Der Inhalt der Website ist maßgebend, weil für die Beurteilung der Irreführungseignung nichts anderes gelten kann als für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr; auch hier ist der Inhalt der Website zu berücksichtigen. Ein Verstoß gegen § 2 UWG ist damit schon mangels Irreführungseignung ausgeschlossen.

§ 43 ABGB schützt den Namensträger vor Namensbestreitung und Namensanmaßung. Die Registrierung eines Namens als Domain ist keine Namensbestreitung, kann aber eine Namensanmaßung sein. Sie ist dann rechtswidrig, wenn der unbefugte Gebrauch schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt, wie insbesondere dann, wenn er zu einer Zuordnungsverwirrung führt, wenn also der - unzutreffende - Anschein erweckt wird, dass zwischen dem Berechtigten und demjenigen, der den Namen gebraucht, ideelle oder wirtschaftliche Beziehungen bestehen. Schutzwürdige Interessen des Namensträgers werden auch dann verletzt, wenn die Verwendung des Namens als Bestandteil einer Domain dazu führt, dass das Interesse auf die unter der Domain betriebene Website und damit auf Aktivitäten gelenkt wird, mit der der Namensträger nichts zu tun hat. Als Name geschützt sind nur Zeichen, die entweder von Vornherein unterscheidungskräftig sind oder durch Gebrauch Unterscheidungskraft erlangt haben. Die Unterscheidungskraft fehlt Gattungsbegriffen, weil sie - außer bei Verkehrsgeltung - nicht als Hinweis auf eine bestimmte (natürliche oder juristische) Person aufgefasst werden. Eine Domain hat (auch) Namensfunktion; ihr Gebrauch kann daher - Unterscheidungskraft vorausgesetzt - Namensschutz begründen.Die Website des Klägers ist in Österreich bekannt und anerkannt; sie wird von zahlreichen Internetnutzern intensiv genutzt und wird damit als Hinweis auf den Kläger verstanden und hat insoweit Unterscheidungskraft erlangt. In dem der Beklagte eine in Bedeutung und Wortklang identische Domain verwendet, nutzt er die für den Kläger geschützte Bezeichnung damit dazu, das Interesse auf sein Suchportal und damit auf eine Aktivität zu lenken, mit der der Kläger nichts zu tun hat und verletzt damit die Rechte des Klägers.