12.05.2006 Wirtschaftsrecht

OGH: Auch im Bereich der Privatstiftung können im Einzelfall zwischen mehreren Stiftern wechselseitige Treupflichten vorliegen


Schlagworte: Gesellschaftsrecht, Privatstiftung, wechselseitige Treuepflicht
Gesetze:

§ 14 Abs 2 PSG, § 39 Abs 1 PSG

In seinem Erkenntnis vom 09.03.2006 zur GZ 6 Ob 166/05p hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, inwieweit zwischen mehreren Mitstiftern Treuepflichten bestehen:

Die beiden Streitteile errichteten eine Privatstiftung und hegten die Absicht, als Mitglieder eines Beirates entscheidenden Einfluss auf die gesamte Stiftung ausüben zu können. Den Parteien war allerdings nicht bewusst, dass unterschiedliche Rechtsfolgen eintreten, je nachdem ob ein solcher Beirat in der Stiftungsurkunde oder einer Stiftungszusatzurkunde vorgesehen ist. Nachdem der Beirat im gegenständlichen Fall daher über keine Organqualität verfügt und die Absicht der Parteien somit auch nicht verwirklicht werden konnte, richtet sich die Klage des einen Mitstifters nunmehr auf Zustimmung zu den erforderlichen Änderungsbeschlüssen durch den anderen Mitstifter.

Der OGH führte dazu aus: Die Treuepflicht zwischen Mitstiftern ist nach anderen Kriterien zu beurteilen, als jene, die im Bereich der Personengesellschaften bestehen. Eine wechselseitige Treuepflicht zwischen den Stiftern besteht für den Fall, dass die Möglichkeit einer Änderung der Stiftungserklärung sowie Kontrollrechte vorbehalten wurden. Trifft dies nicht zu, sind hingegen keine Treuepflichten anzunehmen, weil ein dauerhaftes Zusammenwirken der Stifter zur Erreichung des Stiftungszweckes nicht wesenstypisch für eine Privatstiftung ist. Der einzelne Mitstifter kann daher im Einzelfall sehr wohl dazu verpflichtet sein, einer Änderung der Stiftungsurkunde zuzustimmen.