20.05.2006 Wirtschaftsrecht

EuGH: Die Ernsthaftigkeit der Benutzung einer Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegt werden kann; selbst eine geringfügige Benutzung kann, wenn sie wirtschaftlich gerechtfertigt ist, als ausreichend angesehen werden, um das Vorliegen der Ernsthaftigkeit zu belegen


Schlagworte: Markenrecht, Ernsthaftigkeit, (geringfügige) Benutzung, Widerspruch, ältere Marke, Massengüter, ausreichend
Gesetze:

Art 8, Art 15, Art 42, Art 43 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1)

Mit Urteil vom 11.05.2006 zur GZ C-416/04p hat sich der EuGH mit der ernsthaften Benutzung einer Marke befasst:

Die Rechtsmittelführerin beantragte beim HABM die Eintragung der Wortmarke VITAFRUIT als Gemeinschaftsmarke. Dagegen erhob gem Art 42 Abs 1 Herr Caba Widerspruch. Bei der älteren Marke, deren Inhaber Herr Caba ist, handelt es sich um die nationale Wortmarke VITAFRUT, die in Spanien eingetragen ist. Zum Beweis, dass die ältere Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke in Spanien ernsthaft benutzt wurde, legte er sechs Flaschenetiketten, auf denen die ältere Marke abgebildet war, und vierzehn Rechnungen und Bestellungen vor, von denen zehn aus der Zeit vor der Veröffentlichung der Anmeldung stammten. Die Rechtsmittelführerin bringt vor, dass es sich um Massengüter des täglichen Verbrauchs handle, die billig und daher leicht absetzbar seien. Aufgrund der Art dieser Waren könne der Absatz in dem vorliegend nachgewiesenen Umfang nicht als ausreichend iSv Art 43 Abs 2 angesehen werden.

Dazu der EuGH: Es ist stRsp, dass eine Marke dann ernsthaft benutzt wird, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion, dh der Garantierung der Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, wobei die Fälle ausgeschlossen sind, in denen die Marke nur symbolisch benutzt wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegt werden kann; dazu gehören insbesondere eine Nutzung, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen wird, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke

Die Frage, ob eine Benutzung mengenmäßig hinreichend ist, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder hinzuzugewinnen, hängt von mehreren Faktoren und einer Einzelfallbeurteilung ab. Die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen, die Häufigkeit und die Regelmäßigkeit der Benutzung der Marke, die Frage, ob die Marke benutzt wird, um alle identischen Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers oder nur manche von diesen zu vermarkten, oder auch die Beweise über die Benutzung der Marke, die der Inhaber vorlegen kann, gehören zu den Kriterien, die dabei in Betracht zu ziehen sind. Daher kann eine selbst geringfügige Benutzung, wenn sie unter den vorstehend genannten Voraussetzungen wirtschaftlich tatsächlich gerechtfertigt ist, als ausreichend angesehen werden, um das Vorliegen der Ernsthaftigkeit zu belegen.