01.07.2006 Wirtschaftsrecht

OGH: Die Vereinbarung von Einheitspreisen schließt einen Vergütungsanspruch im Falle von Mehrkosten nur dann aus, wenn diese durch eine bloße Mengenänderung bedingt sind


Schlagworte: Vergaberecht, Mehrkosten, Einheitspreise, Vertragsänderung
Gesetze:

Ö-NORM B 2110, § 1168 ABGB

In seinem Beschluss vom 27.04.2006 zur GZ 2 Ob 248/05t hatte sich der OGH mit Punkt 2.33.5 der Ö-NORM B 2110 idF 1995 sowie den Anspruchsvoraussetzungen der durch forcierten Bauablauf entstandenen Mehrkosten auseinanderzusetzen:

Die Streitparteien schlossen einen Vertrag über die Durchführung von Straßenbauarbeiten ab. Dem Vertrag wurden die einschlägigen Ö-NORMEN zugrunde gelegt und vereinbart, dass zusätzliche Arbeiten, die neben dem öffentlichen Auftrag durchgeführt werden, nach den Einheitspreisen des Leistungsverzeichnisses abzurechnen seien und vor deren Durchführung eine Kontaktaufnahme mit der Bauleitung, eine Arbeitseinweisung und Erstellung eines Zusatzangebotes notwendig sei. Seitens der beklagten Partei wurde die Zahlung eines Rechnungspostens verweigert und in Abzug gebracht, weil Änderungen der Einheitspreise unzulässig seien. Die klagende Partei begründete diesen Mehraufwand mit erhöhtem Personaleinsatz, der aufgrund der laufenden Planänderungen durch die beklagte Partei notwendig gewesen sei.

Der OGH führte dazu aus: Die gegenständliche Ö-Norm gibt dem Auftraggeber die Möglichkeit, die vereinbarte Leistung nachträglich zu ändern, sofern dies dem Auftragnehmer zumutbar ist. Eine solche Änderung kann ausdrücklich oder schlüssig angeordnet werden und führt grundsätzlich auch zu einem Anspruch auf Preisänderung, welcher im Falle mangelnder Offenkundigkeit vor Erbringung der Leistung gegenüber dem Auftraggeber dem Grunde nach geltend zu machen ist. Soweit die Vertragsänderung bereits ausdrücklich oder konkludent zustande gekommen ist, schuldet der Auftraggeber ein angemessenes Entgelt. Solche Mehrkosten, die aus einer Änderung der Leistungsart oder sonstiger Umstände der Leistungserbringung resultieren, sind gemäß Punkt 2.33.5 der gegenständlichen Ö-NORM, sowie außerhalb deren Anwendungsbereich nach § 1168 Abs 1 Satz 2 ABGB zu vergüten.