18.08.2006 Wirtschaftsrecht

EuGH: Bei der Frage, ob eine Wettbewerbsbeschränkung iSv Art 81 Abs 1 EGV vorliegt, ist auch zu prüfen, ob die mit dem Beschluss (oder der Vereinbarung) verbundenen wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen notwendig mit der Verfolgung der genannten Ziele zusammenhängen und ob sie im Hinblick auf diese Ziele verhältnismäßig sind


Schlagworte: Sportrecht, Gesamtzusammenhang, Zielsetzung, fairer Wettstreit
Gesetze:

Art 81 EGV

Mit Urteil vom 18.07.2006 zur GZ C-519/04 P hat sich der EuGH mit der Frage befasst, ob Anti-Doping-Regeln unter das Verbot des Art 81 Abs 1 EGV fallen:

Zwei finnische Langstreckenschwimmer wurden vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) wegen Dopings für vier Jahre gesperrt. Die Schwimmer sehen in den Anti-Doping-Regeln eine Wettbewerbsbeschränkung iSv Art 81 EGV. Die Regelung sei nämlich entgegen der Auffassung der Kommission zum einen mit den einzigen Zielen der Regelung, die Integrität des Wettbewerbs und die Gesundheit der Sportler zu erhalten, nicht untrennbar verbunden, sondern diene dazu, die eigenen wirtschaftlichen Interessen des IOC zu wahren. Zum anderen sei sie dadurch, dass sie einen Höchstwert von 2 ng/ml Urin vorsehe, der auf keinem wissenschaftlich abgesicherten Kriterium beruhe, überzogen und gehe daher über das hinaus, was für eine wirksame Dopingbekämpfung erforderlich sei.

Dazu der EuGH: Nicht jede Vereinbarung zwischen Unternehmen oder jeder Beschluss einer Unternehmensvereinigung, durch die die Handlungsfreiheit der Parteien oder einer der Parteien beschränkt wird, fällt zwangsläufig unter das Verbot des Art 81 Abs 1. Bei der Anwendung dieser Vorschrift im Einzelfall sind nämlich der Gesamtzusammenhang, in dem der fragliche Beschluss zustande gekommen ist oder seine Wirkungen entfaltet, und insbesondere seine Zielsetzung zu würdigen. Weiter ist dann zu prüfen, ob die mit dem Beschluss verbundenen wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen notwendig mit der Verfolgung der genannten Ziele zusammenhängen und ob sie im Hinblick auf diese Ziele verhältnismäßig sind.

Die streitige Anti-Doping-Regelung ist durch einen legitimen Zweck gerechtfertigt, da sie dazu dient, einen fairen Wettstreit zwischen den Sportlern zu gewährleisten. Sicherlich können der Strafcharakter der streitigen Anti-Doping-Regelung und das Ausmaß der im Fall eines Verstoßes gegen die Regelung anwendbaren Sanktionen negative Auswirkungen auf den Wettbewerb haben, denn sollten sich diese Sanktionen letztlich als unbegründet erweisen, könnten sie zum ungerechtfertigten Ausschluss eines Sportlers von Wettkämpfen führen und somit die Bedingungen für die Ausübung der fraglichen Tätigkeit verfälschen. Daraus folgt, dass die mit diesem Regelwerk auferlegten Beschränkungen nur dann nicht unter das Verbot des Artikels 81 Abs 1 fallen, wenn sie auf das zum ordnungsgemäßen Funktionieren des sportlichen Wettkampfs Notwendige begrenzt sind