16.09.2006 Wirtschaftsrecht

OGH: Die Vereinbarung einer Konventionalstrafe verstößt nur dann gegen die guten Sitten, wenn deren Zahlung das wirtschaftliche Verderben des Schuldners herbeiführt oder seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit übermäßig beeinträchtigen könnte oder sonst ein offensichtlich unbegründeter Vermögensvorteil für den Gläubiger vorliegt, der dem Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht oder gegen oberste Rechtsgrundsätze verstößt


Schlagworte: Handelsrecht, Konventionalstrafe, sittenwidrig
Gesetze:

§ 1336 ABGB, § 879 ABGB

In seinem Beschluss vom 20.06.2006 zur GZ 4 Ob 113/06f hat sich der OGH mit der Konventionalstrafe befasst:

Zwischen den Streitteilen kam ein Vertrag zustande, wonach die Beklagte (Transportunternehmen) für die Klägerin (Großhändlerin Mineralölprodukte) sämtliche Transporte durchführen sollte. Der - auf bestimmte Zeit abgeschlossene - Vertrag sah Mindestmengen für die Beförderung vor; bei ihrer Nichterreichung sollte die Beklagte berechtigt sein, der Klägerin einen bestimmten Betrag pro Liter Mindermenge in Rechnung zu stellen, der sich auf etwa 29 bis 37 % des Transportentgelts belief. Strittig ist die Frage, ob die mit einer Vertragsstrafe sanktionierte Vereinbarung von Mindestauftragsmengen sittenwidrig ist.

Dazu der OGH: Die Vereinbarung einer Konventionalstrafe verstößt nach stRsp nur dann gegen die guten Sitten, wenn deren Zahlung das wirtschaftliche Verderben des Schuldners herbeiführt oder seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit übermäßig beeinträchtigen könnte oder sonst ein offensichtlich unbegründeter Vermögensvorteil für den Gläubiger vorliegt, der dem Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht oder gegen oberste Rechtsgrundsätze verstößt. Ob es sich um eine "echte" oder um eine "unechte" Vertragsstrafe handelt, ist ohne Bedeutung. Die "unechte" Vertragsstrafe unterscheidet sich von der "echten" Vertragsstrafe nur dadurch, dass ein Erfüllungsanspruch ausgeschlossen ist. Bei der Angemessenheitskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB ist auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen. Für diesen Zeitpunkt ist eine umfassende, die Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Interessenprüfung vorzunehmen. Bei Vereinbarung einer Konventionalstrafe wird es darauf ankommen, ob sich die Höhe des Vergütungsbetrags an jenem durchschnittlichen Schaden orientiert, der nach der Schätzung eines redlichen Beobachters bei der damit sanktionierten Vertragsverletzung normalerweise eintritt.