31.10.2006 Wirtschaftsrecht

OGH: Die Satzung einer Körperschaft ist gemäß den §§ 6, 7 ABGB nach ihrem Wortlaut, Zweck und systematischen Zusammenhang auszulegen; die Tatsache, dass - bei einer Schiedsklausel - dem Schiedsgericht auch Mitglieder des Genossenschaftsvorstands angehören, führt für sich allein noch nicht zur Ungültigkeit oder Sittenwidrigkeit der betreffenden Klausel


Schlagworte: Gesellschaftsrecht, Zivilprozessrecht, Schiedsklausel, Unzumutbarkeit, fair trial
Gesetze:

§§ 577 ff ZPO, Art 6 EMRK

In seinem Beschluss vom 22.05.2006 zur GZ 10 Ob 3/06y hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob mit dem Statut der Verwertungsgesellschaft AKM idF 1996 und 2003 ein echtes Schiedsgericht iSd §§ 577 ff ZPO eingerichtet worden ist:

Der Kläger wurde sowohl als Mitglied als auch vom Vorstand der beklagten Genossenschaft ausgeschlossen und klagt nunmehr auf Feststellung, dass der betreffende Generalversammlungsbeschluss nichtig und sein Ausschluss daher unwirksam sei. Die beklagte Partei hielt dem entgegen, dass für diese Rechtsstreitigkeit der Rechtsweg unzulässig sei, weil der Kläger sich nicht zuerst an das in den Statuten vorgesehene Schiedsgericht gewandt habe. Der Kläger lehnte dies jedoch ab, weil ein solches Schiedsgericht mit Genossenschaftern zu besetzen und somit von deren Voreingenommenheit auszugehen gewesen wäre und die Entscheidung mittelbar in eigener Sache erfolgt wäre.

Der OGH führte dazu aus: Die Auslegung einer Schiedsklausel hat nicht allein an deren Wortlaut zu erfolgen. Allein die Tatsache, dass dem Schiedsgericht auch Mitglieder des Genossenschaftsvorstands angehören, führt für sich allein noch nicht zur Ungültigkeit oder Sittenwidrigkeit der betreffenden Klausel. Allerdings kann sich im Einzelfall die Unzumutbarkeit der Anrufung des Schiedsgerichtes herausstellen, wenn der vorgesehene Modus zur Berufung der Schiedsrichter gegen die Grundsätze des Art 6 EMRK verstößt.