23.11.2006 Wirtschaftsrecht

OGH: Die Verletzung des Sachlichkeitsgebots stellt einen Verstoß gegen § 1 UWG dar


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, Werturteil, Tatsachenbehauptung, Kritik, sachlich
Gesetze:

§ 1 UWG, § 7 UWG, § 1330 ABGB, Art 10 MRK, Art 13 StGG

In seinem Beschluss vom 28.09.2006 zur GZ 4 Ob 105/06d hatte sich der OGH mit der Abgrenzung von Tatsachen und Werturteilen auseinanderzusetzen:

Beide Streitteile sind im Bereich der Vermietung von Werbeflächen in Skigebieten tätig, wobei die Klägerin mit einem Marktanteil von etwa 97% als führend zu bezeichnen ist. Die Klägerin begehrt nun den Erlass einer einstweiligen Verfügung, nachdem der Beklagte in einer Presseaussendung behauptet hatte, das klägerische Unternehmen des ÖSV-Präsidenten würde wirtschaftlichen Druck auf Seilbahn- und Liftunternehmen ausüben, bei Vertragsabschlüssen mit Konkurrenten mit dem Entzug von ÖSV-Leistungen drohen und deren marktbeherrschende Stellung missbrauchen. Die Beklagte entgegnete, dass die Presseaussendung auf einem juristischen Gutachten beruhe, der Verdacht des Missbrauchs einer Monopolstellung geäußert worden sei und zulässige Werturteile vorliegen würden.

Der OGH führte dazu aus: Der Begriff der Tatsachenbehauptung ist extensiv auszulegen, wobei entscheidend ist, dass der Inhalt auf seine Richtigkeit geprüft werden kann. Dazu reicht aus, wenn ein Tatsachenkern vorliegt, der einem Beweis offen steht. Es genügt auch schon, wenn auf bestimmte Tatsachen geschlossen werden kann, weshalb auch Verdächtigungen von diesem Begriff erfasst sind. Bei der Unterscheidung zwischen der Tatsachenverbreitung und dem Werturteil ist auf den Zusammenhang abzustellen, in welchem die Behauptung erfolgt ist, sowie auf den Eindruck, den die Behauptung erzeugt hat. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ermöglicht durchaus die Äußerung einer Kritik, die dann zulässig ist und keine ehrenbeleidigende Rufschädigung darstellt, wenn diese sachlich ist und keinen massiven Wertungsexzess darstellt.