04.02.2006 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Der Schutz durch das IESG beschränkt sich auf die Sicherung jenes Gehalts, das für die letzten sechs Monate vor Beendigung des Dienstverhältnisses bzw. der Klagseinbringung zusteht


Schlagworte: Insolvenzrecht, Insolvenzausfallsgeld, Missbrauch, Finanzierungsrisiko
Gesetze:

§ 879 ABGB, § 1 IESG, Art 10 Insolvenzrichtlinie 80/987/EWG

In seinem Erkenntnis vom 16.11.2005 zur GZ 8 ObS 22/05a hatte sich der OGH mit der Überwälzung des Finanzierungsrisikos auf den Insolvenz-Ausfallsgeld-Fonds auseinanderzusetzen:

Nach einvernehmlicher Lösung seines Dienstverhältnisses erhob der Kläger gegen seinen Arbeitgeber Klage auf Zahlung von ausständigem Gehalt, Sonderzahlungen, Abfertigung sowie Kosten des Verfahrens vor dem Arbeits- und Sozialgericht und der Forderungsanmeldung im mittlerweile laufenden Konkursverfahren des ehemaligen Arbeitgebers. Nach Zahlung von Insolvenzausfallsgeld schränkte der Kläger das Begehren auf den Ersatz der zur Rechtsverfolgung entstandenen Kosten ein. Das Berufungsgericht wies das Begehren ab, weil dem Kläger lediglich der europarechtliche Mindestschutz zustehe und das Dienstverhältnis aufgrund seiner atypischen Gestaltung dem Schutzbereich des IESG nicht unterliege.

Der OGH führte dazu aus: Die Geltendmachung eines Anspruches auf Insolvenzausfallsgeld kann sittenwidrig und missbräuchlich erfolgen, wenn solche Umstände vorliegen, die den Vorsatz des Arbeitsnehmers aufzeigen, das Finanzierungsrisiko auf den Insolvenz-Ausfallsgeld-Fonds überzuwälzen. Um solche Missbräuche hintanzuhalten, haben Mitgliedstaaten nach Art 10 Insolvenzrichtlinie 80/987/EWG die Möglichkeit, entsprechende Maßnahmen und Einschränkungen zu treffen. Nachdem seitens der Beklagten Insolvenzausfallsgeld gezahlt wurde, geht diese offensichtlich entgegen ihrem Vorbringen selbst davon aus, dass kein Missbrauch vorliegt, weil in diesem Fall ja überhaupt kein Anspruch bestanden hätte.