02.08.2007 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Die Ausnahmebestimmung des § 258 Abs 3 Z 3 ASVG ist nicht analog auf den Anspruch auf Witwenrente gem §§ 215 ff ASVG anzuwenden


Schlagworte: Sozialrecht, Witwenrente, Witwenpension, Wiederverheiratung, Versorgungsehe
Gesetze:

§§ 215 ff ASVG, § 258 Abs 3 Z 3 ASVG

In seinem Erkenntnis vom 05.06.2007 zur GZ 10 ObS 51/07h hat sich der OGH mit der Witwenrente befasst:

Ein halbes Jahr nach der Scheidung zog Johann R***** wieder zur Klägerin zurück. Am 2. 7. 2005 schlossen sie erneut die Ehe. Mit Bescheid vom 7. 12. 2005 anerkannte die beklagte Partei die Erkrankung des Johann R***** als Berufskrankheit an. Am 29. 4. 2006 verstarb Johann R***** an den Folgen der erwähnten Berufskrankheit. Die Klägerin bezieht aufgrund des Bescheides der Pensionsversicherungsanstalt vom 17. 7. 2006 seit 30. 4. 2006 eine Witwenpension nach dem verstorbenen Johann R*****. Mit Bescheid vom 14. 6. 2006 lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Witwenrente nach ihrem am 29. 4. 2006 verstorbenen Ehegatten unter Hinweis auf § 217 ASVG mit der Begründung ab, dass die Ehe erst nach dem Eintritt des Versicherungsfalles geschlossen worden und der Tod ihres Ehegatten innerhalb des ersten Jahres der Ehe eingetreten sei.

Dazu der OGH: Um sog "Versorgungsehen" nicht zu begünstigen, ordnet § 217 ASVG an, dass kein Hinterbliebenenanspruch besteht, wenn die Ehe erst nach dem Eintritt des Versicherungsfalles geschlossen wurde und der Tod innerhalb des ersten Jahres der Ehe eingetreten ist.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes liegt eine durch analoge Anwendung des § 258 Abs 3 Z 3 ASVG zu schließende Regelungslücke beim Anspruch auf Witwenrente gemäß § 215 Abs 1 ASVG nicht vor. Der Gesetzgeber unterscheidet klar zwischen den näheren Voraussetzungen für Ansprüche auf Witwen-(Witwer-)Rente (§ 215 ASVG) und Witwen-(Witwer-)Pension (§ 258 ASVG). Sowohl das Unfallversicherungsrecht als auch das Pensionsversicherungsrecht kennen jeweils bestimmte Ausschließungsgründe, die verhindern sollen, dass eine Ehe spekulativ, dh, nur wegen einer späteren Versorgung des Ehegatten geschlossen wird (sog Versorgungsehen). Es kann nun dem Gesetzgeber aber nicht unterstellt werden, dass er sich zwar bei der Regelung der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Witwen-(Witwer-)Pension der Möglichkeit einer Wiederverheiratung mit dem seinerzeit geschiedenen Ehegatten bewusst gewesen sei (vgl § 258 Abs 3 Z 3 ASVG), nicht aber bei der Regelung über die Ausnahmebestimmung vom Ausschluss der Gewährung der Witwen-(Witwer-)Rente (§ 217 Z 1 und 2 ASVG). Nach dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen und den zitierten Gesetzesmaterialien war es vielmehr bereits die eindeutige Absicht des Gesetzgebers des ASVG in seiner Stammfassung, zur Vermeidung von unberechtigten Ansprüchen aus sog Versorgungsehen für das Unfallversicherungsrecht und für das Pensionsversicherungsrecht teilweise sehr komplexe und unterschiedliche Regelungen aus dem damals geltenden Recht zu übernehmen bzw neu einzuführen.