21.12.2006 Wirtschaftsrecht

OGH: Ein Bieter, der bei Anbotslegung bereits vorhat, nach Erhalt des Auftrags ein Nachtragsanbot für von Anfang an unvermeidlich notwendige Arbeiten zu legen, verletzt das BVergG; dies stellt auch einen Fall der culpa in contrahendo, im Besonderen eine Verletzung der Warnpflicht des § 1168a ABGB dar


Schlagworte: Bundesvergaberecht, Ausschreibung, Werkvertrag, Bestbieter, Nachtragsangebot, Verletzung der Warnpflicht, Gleichbehandlung aller Bieter
Gesetze:

BVergG, §§ 1165 ff ABGB, § 1168a ABGB, §§ 1295 ff ABGB

In seinem Erkenntnis vom 13.09.2006 zur GZ 3 Ob 122/05w hat sich der OGH mit der öffentlichen Auftragsvergabe befasst:

Im Zuge einer öffentlichen Ausschreibung berechnete die klagende Bieterin die Kosten auf der Grundlage von 35 Tagen, obwohl sie wusste, dass das Werk in 35 Tagen nicht erbracht werden konnte. Die klagende Partei erhielt den Zuschlag und klagt nun den Mehrbetrag ein.

Dazu der OGH: Als Besonderheit des Vergabeverfahrens besteht die Pflicht zur Gleichbehandlung aller Bieter mit dem Zweck, gerade bei der öffentlichen Auftragsvergabe den Bestbieter in transparenter und objektiver Weise zu ermitteln. Gerade dieser Zweck würde aber unterlaufen, wenn ein Bieter - wie hier die klagende Partei - mit einem Anbot Bestbieter wird, obwohl er schon vorhat, nach Erhalt des Auftrags ein Nachtragsanbot für von Anfang an unvermeidlich notwendige Arbeiten zu legen. Durch das so geringer gehaltene Angebot verschaffte er sich im Ausschreibungsverfahren einen Vorteil. Dies stellt auch einen Fall der culpa in contrahendo, im Besonderen eine Verletzung der Warnpflicht des § 1168a ABGB dar. Bei einer solchen Warnpflichtverletzung tritt nicht nur Schadenersatzpflicht ein, sondern der Werkunternehmer verliert darüber hinaus seinen Entgeltsanspruch.