11.01.2007 Wirtschaftsrecht

OGH: Aus den gesetzlichen Bestimmungen über die Kostenerstattung und den sich daraus für Wahlärzte ergebenden Wettbewerbsbeschränkungen ist keine Honoraruntergrenze abzuleiten; der Wahlarzt kann daher seinen Patienten bloß Honorare in Höhe des Kostenerstattungsbetrags verrechnen


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, Wahlarzt, Vertragsarzt, Kostenerstattungsbetrag, Honoraruntergrenze
Gesetze:

§ 1 UWG, § 131 ASVG

In seinem Beschluss vom 21.11.2006 zur GZ 4 Ob 196/06m hat sich der OGH mit Wahl- und Vertragsärzten befasst:

Ein Wahlarzt verteilt an bei einer Gebietskrankenkasse versicherte Patienten Informationsblätter, in denen er ankündigt, ab sofort "den Selbstbehalt zu übernehmen", sodass die Patienten "keinen Selbstbehalt mehr zu tragen haben".

Dazu der OGH: Der Schutz der von den Sozialversicherungsträgern aufgebauten Leistungsorganisation durch Vorrang der Sachleistung rechtfertigt es, den Wahlärzten zu verbieten, ihre Honorarabrechnung dem Vertragsarztsystem anzugleichen und auf eine Zahlung des Honorars vor Kostenerstattung zu verzichten oder durch Einschaltung Dritter dem Patienten die wirtschaftliche Belastung mit dem Honorar abzunehmen, soweit der Versicherte dem Dritten nicht wenigstens im Innenverhältnis verpflichtet bleibt, oder überhaupt eine direkte Abrechnung gegenüber dem Krankenversicherungsträger vorzunehmen bzw die Kostenerstattung an sie selbst zu begehren. Das Sachleistungsprinzip rechtfertigt es aber nicht, eine Honoraruntergrenze, etwa in Höhe des Vertragsärztetarifs, anzunehmen.

Aus den gesetzlichen Bestimmungen über die Kostenerstattung und den sich daraus für Wahlärzte ergebenden Wettbewerbsbeschränkungen ist keine Preisregelung abzuleiten.

Der Wahlarzt, der auf einen Teil des Vertragsärzten zustehenden Honorars verzichtet, nimmt zwecks Vermeidung der Vertragsärzte treffenden Beschränkungen und Lasten (Behandlungspflicht, Einbindung in das Verrechnungssystem der Sozialversicherungsträger, Kontrolle) einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil (Honorarminderung) in Kauf. Das Argument des Klägers, dass die Krankenversicherungsträger durch eine vermehrte Inanspruchnahme von Wahlärzten belastet würden, wenn diese ihren Patienten bloß Honorare in Höhe des Kostenerstattungsbetrags verrechneten, ist nicht nachvollziehbar, beträgt der Kostenerstattungsbetrag doch bloß 80 % des den Vertragsärzten laut Tarif zu vergütenden Honorars. Der administrativen Mehrbelastung steht damit ein geringerer finanzieller Aufwand gegenüber; der Werbewirkung für die Wahlärzte die damit verbundene finanzielle Einbuße.