03.05.2007 Wirtschaftsrecht

OGH: Abfindungsklauseln in einem Gesellschaftsvertrag sind unzulässig und unwirksam, soweit sie mit zwingenden gesetzlichen Vorschriften oder außergesetzlichen Regeln unvereinbar sind, die dazu dienen, ein Minimum an Chancengleichheit zwischen den verbleibenden Gesellschaftern einerseits und dem ausgeschiedenen Gesellschafter, seinen Erben und Gläubigern andererseits zu gewährleisten


Schlagworte: Unternehmensrecht, Gesellschaftsrecht, Gesellschaftsvertrag, Aufgriffsrecht, Masseverwalter, Firmenbuchrecht
Gesetze:

§ 879 ABGB, § 138 UGB, § 15 FBG

In seinem Beschluss vom 16.03.2007 zur GZ 6 Ob 142/05h hat sich der OGH mit Abfindungsklauseln in einem Gesellschaftsvertrag befasst:

Punkt XI. der Neufassung des Gesellschaftsvertrags lautet: "Im Fall der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Gesellschafters, steht den übrigen Gesellschaftern anteilsmäßig ein Aufgriffsrecht an Geschäftsanteilen zu. Wird dieses Aufgriffsrecht von einem der aufgriffsberechtigten Gesellschafter nicht binnen 4 Wochen nach Konkurseröffnung über das Vermögen des Gesellschafters ausgeübt, wächst dieses den übrigen Gesellschaftern anteilsmäßig zu. Der Übernahmepreis bei Ausübung des Aufgriffsrechtes entspricht dem Buchwert des Geschäftsanteiles."

Das Erstgericht wies - nach einem erfolglosen Verbesserungsversuch - den Antrag auf Eintragung der Neufassung des Gellschaftsvertrags in das Firmenbuch ab, weil jede Beschränkung in einem Gesellschaftsvertrag, die den Masseverwalter verpflichte, den Geschäftsanteil des Gemeinschuldners an einen Mitgesellschafter abzutreten, nichtig sei und dies umsomehr gelte, wenn dem Masseverwalter ein bestimmter Abtretungspreis "Buchwert" vorgeschrieben werde.

Dazu der OGH: Abfindungsklauseln in einem Gesellschaftsvertrag sind unzulässig und unwirksam, soweit sie mit zwingenden gesetzlichen Vorschriften oder außergesetzlichen Regeln unvereinbar sind, die dazu dienen, ein Minimum an Chancengleichheit zwischen den verbleibenden Gesellschaftern einerseits und dem ausgeschiedenen Gesellschafter, seinen Erben und Gläubigern andererseits zu gewährleisten. So kann Drittbeeinträchtigung, insbesondere Gläubigerbeeinträchtigung, eine Abfindungsklausel sittenwidrig und damit unzulässig machen.

Nach in Österreich und Deutschland in der Lehre herrschender Meinung ist eine Regelung in der Satzung einer Personengesellschaft oder einer GmbH wegen Gläubigerbenachteilung sittenwidrig, wenn sie den Entgeltanspruch eines Gesellschafters im Wesentlichen nur für den Fall seines durch Konkurseröffnung bedingten Ausscheidens, nicht aber in einem vergleichbaren Fall auf weniger als den Verkehrswert beschränkt.

Die durch sittenwidrige Gläubigerbenachteiligung begründete Nichtigkeit einer Abfindungsklausel im Gesellschaftsvertrag ist von Amts wegen wahrzunehmen und begründet ein Eintragungshindernis.