02.08.2007 Wirtschaftsrecht

OGH: Erhöht der Hälftegesellschafter einer GmbH deren Stammkapital entgegen einer mit dem zweiten Gesellschafter getroffenen Treuhandvereinbarung, kann letzterer Naturalrestitution durch Kapitalherabsetzung auf dem durch das GmbHG vorgezeichneten Weg begehren


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Gesellschaftsrecht, Naturalrestitution, Kapitalerhöhung
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, §§ 52 f GmbHG

In seinem Erkenntnis vom 09.05.2007 zur GZ 9 Ob 138/06v hat sich der OGH mit der treuhandwidrigen Kapitalerhöhung befasst:

Die Parteien waren durch einen Treuhandvertrag verbunden, bei dem das Treuhandobjekt, nämlich der einzige Geschäftsanteil an der Gesellschaft, vom Beklagten zu einer Hälfte im eigenen Interesse und zur anderen Hälfte treuhändig für die Klägerin gehalten wurde. Nach Pkt 3.2. des Treuhandvertrags darf der Treuhänder "insbesondere" Änderungen des Gesellschaftsvertrags der Gesellschaft nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Treugeberin vornehmen. Der Beklagte beschloss ohne Zustimmung der Klägerin im Rahmen der außerordentlichen Generalversammlung vom 6. 7. 2005 als Alleingesellschafter die Erhöhung des Stammkapitals von EUR 72.672,83 auf EUR 500.000 und erwirkte gegen den erklärten Willen der Klägerin die Anmeldung des Beschlusses auf Kapitalerhöhung zum Firmenbuch. Ziel der Klägerin ist die Naturalrestitution ihrer früheren Rechtsstellung als Hälftegesellschafterin der Gesellschaft auf der Grundlage des von ihr übernommenen Stammkapitals von EUR 72.672,83.

Dazu der OGH: Ist einerseits die Erhöhung des Stammkapitals nach dem GmbHG eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags und darf andererseits der Treuhänder nach der Regelung in Pkt 3.2. des Treuhandvertrags "insbesondere" Änderungen des Gesellschaftsvertrags nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Treugeberin vornehmen, dann ist die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte gegen den Treuhandvertrag verstoßen hat, nicht zu beanstanden. Eine Verletzung der Treuhandpflichten macht den Treuhänder gegenüber seinem Auftraggeber schon nach allgemeinen Grundsätzen des ABGB ex contractu schadenersatzpflichtig. Das Berufungsgericht gesteht der Klägerin auch zu, dass deren Rechtsposition dadurch verschlechtert worden sei, dass sich ihr Geschäftsanteil nicht mehr auf 50 %, sondern nur mehr auf weniger als 10 % belaufe, wodurch ihr verschiedene Gesellschafterrechte abhanden gekommen seien.

Erhöht der Hälftegesellschafter einer GmbH deren Stammkapital entgegen einer mit dem zweiten Gesellschafter getroffenen Treuhandvereinbarung, kann letzterer Naturalrestitution durch Kapitalherabsetzung auf dem durch das GmbHG vorgezeichneten Weg begehren.