16.08.2007 Wirtschaftsrecht

OGH: Auf die bei einer bloßen Nachahmung einer fremden Leistung erforderliche besondere Verwerflichkeit des Verhaltens kommt es bei einer glatten Übernahme nicht an


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, Ausbeutung, Übernehmen fremder Leistung
Gesetze:

§ 1 UWG

In seinem Beschluss vom 12.06.2007 zur GZ 4 Ob 90/07z hat sich der OGH mit der schmarotzerischen Ausbeutung einer Leistung befasst:

Der Kläger verkauft ua Aufkleber für "getunte" Fahrzeuge. Er ist Eigentümer eines "getunten" Pkw, den er gelegentlich zu Werbezwecken ausstellt. Die Beklagte vertreibt ebenfalls Aufkleber für "getunte" Fahrzeuge. Für einen Katalog verwendete sie Fotos von "getunten" Kraftfahrzeugen, die ein in ihrem Unternehmen gelegentlich aushelfender Fotograf zur Verfügung gestellt hatte. Die abgebildeten Fahrzeuge dienten dabei als Träger für die Darstellung von Aufklebern der Beklagten. Zu diesem Zweck wurden die Fotos im Unternehmen der Beklagten grafisch bearbeitet. Woher die Fotos stammten, wusste die Beklagte nicht. Eines davon zeigte den Pkw des Beklagten, den der Fotograf anlässlich einer öffentlichen Ausstellung aufgenommen hatte. Das Berufungsgericht untersagte der Beklagten, beim Vertrieb von Autozubehörteilen Abbildungen des Fahrzeugs des Klägers zu verwenden.

Dazu der OGH: Die glatte Übernahme fremder Arbeitsergebnisse verstößt in jedem Fall gegen § 1 UWG. Als Kennzeichen einer "glatten Übernahme" wird va gesehen, dass das Nachahmen mittels eines meist technischen Vervielfältigungsverfahrens unter Ersparung eigener Kosten geschieht, das Nachgeahmte also kopiert oder abgeschrieben wird. Gegenstand dieser Rechtsprechung war bisher va die Übernahme fremden Werbematerials. Auf die bei einer bloßen Nachahmung einer fremden Leistung erforderliche besondere Verwerflichkeit des Verhaltens kommt es bei einer glatten Übernahme nicht an.

Wäre der Beklagten das Foto nicht zur Verfügung gestanden, so hätte sie selbst ein "getuntes" Fahrzeug herstellen oder auf andere Weise - wenn auch nur für eine gewisse Zeit - beschaffen müssen, um für den Katalog ein entsprechendes Lichtbild anfertigen zu können. Das wäre jedenfalls mit einem höheren Aufwand verbunden gewesen als die nicht weiter hinterfragte Verwendung des Fotos. Der mit dem Anfertigen des Fotos verbundene Aufwand trat demgegenüber in den Hintergrund. Die Beklagte hat sich somit durch das ihrer Sphäre zuzurechnende Fotografieren - also durch einen fotomechanischen bzw digitalen Abbildungsvorgang - und durch die Übernahme des Lichtbilds in ihren Katalog zu Lasten des betroffenen Mitbewerbers eine eigene Leistung erspart. Das Berufungsgericht hat das zutreffend als "glatte" Leistungsübernahme iSd ständigen Rsp gewertet. Aus dieser Rsp folgt, dass die Verwendung eines von wem immer angefertigten Fotos, das einen von einem Mitbewerber hergestellten Gegenstand zeigt, gegen § 1 UWG verstößt, wenn die Eigenart des Gegenstands - wie hier - für den Verwendungszweck von Bedeutung ist.