11.02.2006 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Für die Zulässigkeit von kollektivvertraglichen Kündigungsmöglichkeiten des Dienstgebers ist erforderlich, dass diese insgesamt günstiger sind, als das gesetzliche Kündigungsrecht des AngG


Schlagworte: Arbeitsrecht, Kollektivvertrag, Kündigungsschutz, Dienstunfähigkeit, Unkündbarkeit
Gesetze:

§ 273 ASVG, § 32 Abs 2 DO.A, § 27 Z 2 AngG

In seinem Erkenntnis vom 16.11.2005 zur GZ 8 ObA 50/05v hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die in Übereinstimmung mit § 32 Abs 2 der DO.A erklärte einseitige Ruhestandsversetzung als fristgerechte Arbeitgeberkündigung anzusehen ist:

Dem Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension wurde stattgegeben und die Klägerin um Bekanntgabe ersucht, bis zu welchem Tag sie ihre Tätigkeit formal fortsetzen wolle, weil sich dadurch ein für sie günstigerer Stichtag ergeben könnte. Die Klägerin beschloss daher, ihre Tätigkeit als Diplomkrankenschwester für einige Monate fortzusetzen, um dadurch in den Genuss einer höheren Abfertigung zu gelangen. Die Beklagte erklärte jedoch schon früher die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand, weil sie aufgrund der Bestimmungen der DO.A zwingend dazu verpflichtet sei.

Der OGH führte dazu aus: Aus den Bestimmungen der DO.A, die einen Kollektivvertrag darstellt, ist zu entnehmen, dass Angestellte mit erhöhtem Kündigungsschutz in den Ruhestand zu versetzen sind, wenn Dienstunfähigkeit eingetreten ist. Eine solche liegt bei Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension jedenfalls vor. Eine einseitige Ruhestandsversetzung, die in einem Kollektivvertrag vorgesehen ist, wird grundsätzlich als Arbeitgeberkündigung qualifiziert und kann auch bei unkündbaren Angestellten ausgesprochen werden. Dadurch geht die Unkündbarkeit in den Status der Kündbarkeit des Angestellten über und sind daher die Kündigungsbestimmungen des AngG zu beachten. Durch Kollektivverträge können abweichende Regelungen getroffen werden, soweit diese für den Arbeitnehmer günstiger sind. Zweck von Kündigungsterminen und -fristen ist der Schutz des Arbeitnehmers vor einer überraschenden Auflösung des Dienstverhältnisses.