27.09.2007 Wirtschaftsrecht

OGH: Droht ein Mitbewerber gehobenen oder leitenden Bediensteten oder Beauftragten eines Unternehmens für den Fall einer von ihnen bei ihrer beruflichen Tätigkeit begangenen Schutzrechtsverletzung rechtliche Schritte an, so handelt er jedenfalls dann nicht sittenwidrig, wenn er bereits über einen vollstreckbaren Unterlassungstitel verfügt, der gegen den (unmittelbaren oder mittelbaren) Auftraggeber eines Schutzrechtseingriffs gerichtet ist, und er ferner nicht Ansprüche behauptet, die gegenüber Bediensteten oder Beauftragten des Unternehmens offenkundig von vornherein ausgeschlossen sind


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, Schutzrechtsverletzung
Gesetze:

§ 1 UWG

In seinem Beschluss vom 07.08.2007 zur GZ 4 Ob 133/07y hat sich der OGH mit der Einschüchterung von Dienstnehmern eines Mitbewerbers befasst:

Die Beklagte gehört zu einem weltweit tätigen Konzern, der ua Kaffeemaschinen vertreibt. Sie verfügt dafür über zwei österreichische Patente. Die in Italien niedergelassene Klägerin erzeugt ebenfalls Kaffeemaschinen, die sie im Jahr 2005 über ein mit ihr verbundenes Unternehmen in Österreich vertrieb. Zwischen den Parteien ist strittig, ob die Kaffeemaschinen der Klägerin die Patente der Beklagten verletzen. Auf Antrag der Beklagten untersagte das HG Wien dem "Sales Manager Austria" der Klägerin mit zwei einstweiligen Verfügungen vom 1. März 2005 den weiteren Vertrieb der Kaffeemaschinen.

Dazu der OGH: Der Klägerin ist zuzugestehen, dass es unter Umständen gegen § 1 UWG verstoßen kann, wenn ein Mitbewerber mit Drohungen oder Anreizen unmittelbar auf Mitarbeiter eines Unternehmens einwirkt, um Ansprüche gegen dieses oder ein damit verbundenes Unternehmen durchzusetzen. Die Sittenwidrigkeit könnte sich aus dem angestrebten Ziel oder den eingesetzten Mitteln ergeben. Ein Verstoß gegen § 1 UWG könnte vorliegen, wenn ein Mitbewerber Mitarbeiter eines Unternehmens durch unmittelbar an sie gerichtete Drohungen oder Anreize zu einem Verhalten veranlassen will, auf das er gegenüber dem Unternehmen keinen Anspruch hat.

Das Androhen oder Durchsetzen von Ansprüchen gegen Leitende oder zumindest hochrangige Mitarbeiter eines dieser Unternehmen dient hier der zwar mittelbaren, aber möglicherweise effektiveren Durchsetzung einer gegen die Klägerin ohnehin vollstreckbaren Verpflichtung. Es verstößt daher als solches keinesfalls gegen § 1 UWG. Ob die Interessenabwägung anders ausfallen könnte, wenn der belangte Mitbewerber noch über keinen vollstreckbaren Titel gegen das für den Schutzrechtseingriff primär verantwortliche Unternehmen verfügt, ist hier nicht zu entscheiden. Die Verwarnung der hier betroffenen Mitarbeiter diente somit einem legitimen Zweck, sie ist daher grundsätzlich zulässig. Ein Verstoß gegen § 1 UWG könnte sich daher nur aus den konkret angedrohten Rechtsfolgen ergeben. Das wäre insbesondere dann der Fall, wenn die Beklagte die angesprochenen Mitarbeiter in subjektiv vorwerfbarer Weise über die Rechtslage in die Irre geführt hätte. Denn darin läge ein Verstoß gegen den das Wettbewerbsrecht beherrschenden Wahrheitsgrundsatz, der auch bei einem an sich legitimen Zweck nicht gerechtfertigt wäre. Eine - hier zweifellos vorliegende - Wettbewerbshandlung ist regelmäßig schon dann sittenwidrig, wenn sich bei ihr ein Täuschungsmoment feststellen lässt.