14.10.2007 Wirtschaftsrecht

OGH: Einfluss auf die Eintragung einer inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft sowie deren selbst im österreichischen Firmenbuch, wenn die ausländische Gesellschaft in ihrem Sitzstaat im dortigen Register gelöscht ist


Schlagworte: Firmenbuchrecht, Löschung der ausländischen Gesellschaft in ihrem Sitzstaat, Zweigniederlassung, Rechtspersönlichkeit
Gesetze:

§ 10 Abs 2 FBG

In seinem Beschluss vom 13.09.2007 zur GZ 6 Ob 146/06y hat sich der OGH mit § 10 Abs 2 FBG befasst:

OGH: Abgeleitet aus der in Art 43 und 48 EGV garantierten Niederlassungsfreiheit ist nach der Rechtsprechung des EuGH die in einem Vertragsstaat nach dessen Vorschriften wirksam gegründete Gesellschaft in einem anderen Vertragsstaat - unabhängig von dem Ort des tatsächlichen Verwaltungssitzes - in der Rechtsform anzuerkennen, in der sie gegründet wurde. Dies gilt selbst dann, wenn die Gesellschaft im Ausland nur ihren gründungs- bzw satzungsmäßigen Sitz hat, während sie von vornherein ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in Österreich nimmt, hier auch ihre Geschäfte betreibt und so bewusst die Gründungsvorschriften am Ort ihrer tatsächlichen Geschäftstätigkeit umgeht. Die Rechts- und Handlungsfähigkeit der in einem Mitgliedstaat errichteten Gesellschaft beurteilt sich demnach nach der Rechtsprechung des OGH nach dem Gründungsrecht, auch wenn sie im Gründungsstaat nur ihren statutarischen Sitz hat und dort keine Geschäftstätigkeit entfaltet; ihr Gesellschaftsstatut ist das Recht des Gründungsstaates. Das Gesellschaftsstatut (Personalstatut der Gesellschaft) ist für die Partei- und Prozessfähigkeit, für die Rechte und Pflichten der Organe und deren Vertretungsmacht und auch für das Ende der Gesellschaft (ihrer Rechtsfähigkeit) maßgeblich; es entscheidet über die mit der Auflösung, Abwicklung und Beendigung der Gesellschaft zusammenhängenden Fragen. Dazu gehören die Gründe, die zur Auflösung führen, sowie die damit zusammenhängenden Wirkungen.

Nach § 12 UGB und den kapitalgesellschaftsrechtlichen Spezialbestimmungen § 107 GmbHG und § 254 AktG sind ausländische Rechtsträger bzw GmbH, oder Aktiengesellschaften mit Sitz oder Hauptniederlassung im Ausland verpflichtet, bestehende inländische Zweigniederlassungen zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Diese Vorschriften sind auch anzuwenden, wenn die (Schein-)Auslandgesellschaft ausschließlich im Inland domiziliert. Die Zweigniederlassung verfügt über keine Rechtsfähigkeit, Träger der Rechte und Pflichten ist die ausländische Gesellschaft.

Es ist herrschende Auffassung in der Lehre, dass der gemäß § 12 Abs 1 UGB eingetragene ausländische Rechtsträger mit einer Zweigniederlassung im Inland bzw die gemäß § 107 Abs 1 GmbHG oder § 254 Abs 1 AktG eingetragene ausländische Gesellschaft im Firmenbuch gemäß § 10 Abs 2 HGB gelöscht werden kann, wenn diese in ihrem Heimatstaat nicht mehr bestehen. Dem ist zu folgen: Ist die rechtliche Existenz (Rechtspersönlichkeit) des eingetragenen Rechtsträgers (der Gesellschaft) erloschen, so gibt es eben keinen Rechtsträger (keine Gesellschaft) mit Hauptniederlassung oder Sitz im Ausland mehr (insbesondere gerade dann, wenn die ausländische Gesellschaft [der ausländische Rechtsträger] nach dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union wirksam gegründet worden ist und ausschließlich im Inland domiziliert), womit eine wesentliche Voraussetzung der Eintragung weggefallen ist. Die Löschung ist im Interesse des Rechtsverkehrs geboten, der bei einem Aufrechterhalten der Eintragung über das Bestehen des eingetragenen Rechtsträgers (Gesellschaft) getäuscht werden könnte. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 10 Abs 2 FBG sind gegeben.

Die Löschung des in seinem Heimatstaat nicht mehr bestehenden Rechtsträgers (der Gesellschaft) gem § 10 Abs 2 FBG ist bloß deklarativ, setzt sie doch voraus, dass der Rechtsträger (die Gesellschaft) seine (ihre) Rechtspersönlichkeit verloren hat; sie führt den Verlust der Rechtspersönlichkeit und der Funktion der Organe nicht erst herbei. Im Hinblick darauf, dass die Löschung den Nichtbestand des Rechtsträgers (Gesellschaft) nicht erst herbeiführt, greift sie auch nicht in die Rechtsstellung von Gesellschaftsgläubigern ein. Die Zweigniederlassung selbst hat keine Rechtspersönlichkeit. Aus Gründen des Verkehrsschutzes ist demnach eine Aufrechterhaltung der Eintragung, insbesondere um einen Funktionsverlust der vertretungsbefugten Organe zu vermeiden, nicht geboten. Im Gegenteil: Die Eintragung könnte den Rechtsverkehr über die tatsächlichen Verhältnisse der Gesellschaft in die Irre führen.