24.01.2008 Wirtschaftsrecht

OGH: Leerkassettenvergütung und gewerbsmäßig entgeltliches Inverkehrbringen

Nicht nur der Händler, der als erster gewerbsmäßig entgeltlich vergütungspflichtiges Trägermaterial im Inland in den Verkehr bringt, hat die Leerkassettenvergütung nach § 42b Abs 3 Z 1 UrhG zu zahlen, sondern es trifft die Leistungspflicht wie als Bürge und Zahler jede weitere gewerbsmäßig entgeltlich handelnde Person, die am ersten Inverkehrbringen als Vertriebspartner des Verkäufers des Trägermaterials mitwirkt; dabei ist nicht von Belang, wer das Entgelt für eine solche Mitwirkung unmittelbar zahlt


Schlagworte: Urheberrecht, Leerkassettenvergütung, gewerbsmäßig entgeltliches Inverkehrbringen
Gesetze:

§ 42b Abs 3 Z 1 UrhG

GZ 4 Ob 124/07z, 02.10.2007

Die Klägerin brachte zur Begründung ihres gegen beide Beklagten gerichteten Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Zahlungsbegehrens vor, die Erstbeklagte (sie bietet über ihre Website unbespieltes Trägermaterial, insbesondere CD- und DVD-Rohlinge europaweit zum Verkauf an) bediene sich zur Abwicklung ihrer Inlandsverkäufe entgeltlich auch der Zweitbeklagten, indem der Versand in Österreich durch diese besorgt werde. Die Zweitbeklagte unterhalte an der Absenderadresse ein Lager und versende bei der Erstbeklagten bestelltes Trägermaterial über die Österreichische Post. Jene bringe daher die maßgebende Ware im Auftrag der Erstbeklagten im Inland in Verkehr und sei infolgedessen nicht Spediteur der Kunden. Die Beklagten hätten gemeinsam Trägermaterial auf eine für das Entstehen des Anspruchs auf Leerkassettenvergütung relevante Weise im Inland erstmals in den Verkehr gebracht, woraus sich deren Solidarhaftung für die Zahlung der Leerkassettenvergütung ergebe. Im Hinblick auf das bewusste Zusammenwirken der Beklagten liege die geforderte enge Beziehung auch dann vor, wenn die Zweitbeklagte tatsächlich nur als Lagerhalter, Transporteur und "Logistikunternehmen" tätig wäre.

OGH: Das als Voraussetzung für eine Zahlungspflicht nach § 42b Abs 3 Z 1 UrhG normierte gewerbsmäßige entgeltliche Inverkehrbringen erfasst - etwa neben Handlungen auf Grund von Rechtsgeschäften zwischen Händlern und deren inländischen Kunden - jedenfalls auch gewerbsmäßige entgeltliche Handlungen im Dienste des Inverkehrbringens von Trägermaterial aus dem Ausland im Inland an Endabnehmer, für deren Erbringung sich der Händler (Verkäufer) eines von ihm entlohnten inländischen Vertriebspartners bedient.

Gem § 42b Abs 3 Z 1 UrhG (in der hier anzuwendenden Fassung vor der UrhG-Nov 2005) hat derjenige die Leerkassettenvergütung zu leisten, der das Trägermaterial ... im Inland als Erster gewerbsmäßig entgeltlich in den Verkehr bringt; wer das Trägermaterial ... im Inland gewerbsmäßig entgeltlich, jedoch nicht als Erster in den Verkehr bringt oder feil hält, haftet wie ein Bürge und Zahler. Das Gesetz definiert nicht, was unter gewerbsmäßig entgeltlichem Inverkehrbringen zu verstehen ist. Der Regelfall ist der Verkauf von Trägermaterial durch einen Händler, sei es an einen anderen Händler oder an den Letztverbraucher. Der erkennende Senat vermag allerdings nicht der Ansicht des Berufungsgerichts beizutreten, dass die Haftung für die Leistung der Leerkassettenvergütung auf im eigenen Namen und auf eigene Rechnung agierende Händler beschränkt sei. Der erörterte Wortlaut der Bestimmung umfasst auch ein gewerbsmäßiges (und damit in aller Regel entgeltliches) Handeln im fremden Namen, so etwa - wie im vorliegenden Fall - als Erfüllungsgehilfe eines anderen.