19.02.2008 Wirtschaftsrecht

OGH: Die Eintragung der Prokura für den Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft bei einer GmbH & Co KG in das Firmenbuch ist nicht möglich

Die begehrte Eintragung würde dem Zweck des Firmenbuchs, dem Schutz des Rechtsverkehrs zu dienen, zuwiderlaufen


Schlagworte: Unternehmensrecht, Firmenbuch, Erteilung der Prokura, GmbH & Co KG, Geschäftsführer, beschränkte / unbeschränkte Vertretungsbefugnis
Gesetze:

§ 48 UGB, § 49 UGB, § 126 UGB

GZ 6 Ob 224/07w, 07.11.2007

OGH: Die Erteilung der Prokura für die KG an einen einzelzeichnungsberechtigten Geschäftsführer der GmbH würde dazu führen, dass in ein und derselben natürlichen Person gleichzeitig eine nach § 49 UGB beschränkte und eine nach § 126 UGB unbeschränkte Vertretungsbefugnis vereinigt würden. Dieses Ergebnis widerspricht dem Grundsatz, dass der Prokurist vom Prinzipal verschieden sein muss und niemand sein eigener Bevollmächtigter sein kann. Dies gilt auch für den gesetzlichen Vertreter des Unternehmens, weil er die Person des Geschäftsinhabers repräsentiert.

Anerkannt ist auch, dass die umfänglich weitere Vertretungsbefugnis grundsätzlich die umfänglich engere absorbiert. In diesem Sinne hat etwa das OLG Wien (HS 9091) angenommen, dass die Prokura für eine GmbH erlischt, wenn der Prokurist zum - wenn auch nur kollektiv zeichnungsbefugten - Geschäftsführer bestellt wird. Umgekehrt erweitern sich die Befugnisse, die einem Prokuristen im Rahmen der Ausübung der gemischten Gesamtvertretung zukommen, auf den Umfang der Vertretungsmacht der gesetzlichen Vertreter der betreffenden juristischen Person.

Inwiefern sich an diesen Grundsätzen bei der GmbH & Co KG deshalb etwas ändern soll, weil es zu einer Verlängerung der Vertretungskette insofern kommt, als die Komplementärgesellschaft als Repräsentantin der juristischen Person des Unternehmers ihrerseits wieder eines gesetzlichen Vertreters, nämlich ihrer Organe, bedarf, ist nicht zu ersehen. Am Rechtsverkehr nimmt die GmbH & Co. KG, organschaftlich vertreten durch die GmbH als Komplementärin, teil. Der Geschäftsführer der GmbH ist demnach zwar Organ der GmbH, handelt aber in deren Organzuständigkeit auch für die KG.

Die begehrte Eintragung würde dem Zweck des Firmenbuchs, dem Schutz des Rechtsverkehrs zu dienen, zuwiderlaufen. Damit würden die tatsächlichen Vertretungsverhältnisse nämlich geradezu verschleiert. Für einen mit dem eingetragenen Prokuristen der GmbH & Co KG kontrahierenden Dritten wäre aus dem Firmenbuchauszug nicht erkennbar, dass dieser Prokurist in Wahrheit aufgrund seiner Geschäftsführerstellung bei der Komplementärin unbeschränkt vertretungsbefugt ist.