17.04.2008 Wirtschaftsrecht

OGH: Beweislastverteilung für eine Markenrechtsverletzung iZm von Domaininhaber veranlasster automatischer Weiterleitung von Besuchern der Website des Domaininhabers auf die Website der Beklagten

Allgemeine Ausführungen


Schlagworte: Domainrecht, Wettbewerbsrecht, Markenschutzrecht, Weiterleitung, Domaininhaber
Gesetze:

§ 9 UWG, § 1 UWG, § 10 MSchG

GZ 17 Ob 26/07h, 13.11.2007

Die Klägerin ist Berechtigte mehrerer Marken, die die Buchstabenfolge "ÖWD" enthalten, und Inhaberin der Domains "www.oewd.at" und "www.owd.at", unter denen sie ihre Dienstleistungen im Bereich Bewachungs- und Schutzdienste bewirbt. Die Beklagte bietet unter ihrer Domain "www.t*****.de" Dienstleistungen in den Bereichen Veranstaltungsschutz, Objektschutz, Personenschutz, Arbeitsschutz sowie Anlagen- und Maschinensicherheit an. Berechtigte Inhaberin der Domain "www.öwd.at" ist eine ehemalige Mitarbeiterin der Klägerin. Bei Aufruf dieser Domain wird der Nutzer automatisch auf die Homepage der Beklagten weitergeleitet.

Die Klägerin wirft der Beklagten vor, durch wissentliche und planmäßige Verwendung der Domain "www.öwd.at" in ihre Namens-, Marken- und Kennzeichenrechte einzugreifen. Dieser Vorwurf enthält die Behauptung, die Beklagte wirke zumindest als Mittäterin an der von der Domaininhaberin veranlassten automatischen Weiterleitung von Besuchern der Website der Domaininhaberin auf die Website der Beklagten mit.

OGH: Im Zusammenhang mit Domain Grabbing hat der OGH ausgesprochen, dass das Vorliegen des subjektiven Tatbestandselements der Vermarktungs- oder Behinderungsabsicht für den Kläger im Einzelfall oft nur schwer nachweisbar ist; der Vorsatz kann sich aber aus Indizien ergeben. Es muss daher genügen, dass der Kläger einen Sachverhalt beweist (bescheinigt), aus dem kein nachvollziehbares Eigeninteresse des Beklagten am Erwerb der Domain erkennbar ist. Dies wird etwa dann der Fall sein, wenn die gewählte Domain gleich wie das Kennzeichen des Klägers lautet, hingegen mit dem eigenen Namen oder der eigenen Tätigkeit des Beklagten in keinerlei Zusammenhang steht.

Diese Grundsätze sind sinngemäß auch im Anlassfall anzuwenden. Die Klägerin hat bescheinigt, dass die Beklagte unwidersprochen zulässt, dass die - Marken- und Kennzeichenrechte der Klägerin verletzende - Domain "www.öwd.at" dazu verwendet wird, um am Angebot der Klägerin interessierte Internetnutzer auf ihre Website umzuleiten. Dass sie davon keine Kenntnis hätte, hat die Beklagte nicht eingewendet. Die Klägerin hat damit einen Sachverhalt bescheinigt, der dem äußeren Tatbild einer Mittäterschaft der Beklagten an der rechtsverletzenden Handlung der Domaininhaberin entspricht, weil er - nach der Lebenserfahrung - auf eine zugrundeliegende Absprache der Beklagten mit der Domaininhaberin schließen lässt, bringt doch die beanstandete Vorgangsweise allein der Beklagten als der Mitbewerberin der Klägerin geschäftliche Vorteile. Für ein Eigeninteresse der Domaininhaberin an einer solchen Umleitung fehlt jeder Anhaltspunkt. Bei dieser Sachlage wäre es - den zuvor aufgezeigten Grundsätzen zur Beweislast entsprechend - nach den Grundsätzen von Treu und Glauben der Beklagten oblegen darzulegen, dass sie die Domaininhaberin nicht veranlasst hat, die - die Marken- und Kennzeichenrechte der Klägerin verletzende - Domain dazu zu verwenden, am Angebot der Klägerin interessierte Internetnutzer auf die Website der Beklagten umzuleiten. Die Beklagte hat dazu nichts vorgebracht; sie hat auch nicht behauptet, der beanstandeten Verwendung der Domain durch Abmahnung der Domaininhaberin entgegengetreten zu sein. Auch im Verfahren hat sie sich nicht vom Verhalten der Domaininhaberin distanziert, sondern sie hat es vielmehr als nicht rechtsverletzend verteidigt. Die Beklagte hat sich damit von dem nach dem äußeren Sachverhalt hinreichend bescheinigten Verdacht der Mittäterschaft der Beklagten an der Markenrechts- und Kennzeichenverletzung (§ 10 Abs 1 MSchG, § 9 Abs 1 UWG) bzw am Verstoß gegen § 1 UWG durch Umleiten von am Angebot der Klägerin interessierten Internetnutzern zu ihrem eigenen Angebot nicht entlastet.