29.05.2008 Wirtschaftsrecht

OGH: Frachtführerhaftung gem § 429 UGB

Allgemeine Ausführungen


Schlagworte: Unternehmensrecht, Frachführerhaftung, Obhutspflicht, Organisation, Sorgfaltspflichten
Gesetze:

§ 429 UGB

GZ 6 Ob 257/07y, 24.01.2008

OGH: Gem § 429 Abs 1 UGB, der subsidiär zur CMR anwendbar ist, haftet der Frachtführer "für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Annahme bis zur Ablieferung oder durch Versäumung der Lieferzeit entsteht, es sei denn, dass der Verlust, die Beschädigung oder die Verspätung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten". Abs 2 schränkt die Haftung für den Verlust oder die Beschädigung von Kostbarkeiten, Kunstgegenständen, Geld und Wertpapieren insofern ein, als der Frachtführer nur dann haftet, "wenn ihm diese Beschaffenheit oder der Wert des Gutes bei der Übergabe zur Beförderung angegeben worden ist". Diese Einschränkung des § 429 Abs 2 UGB dient dazu, den Frachtführer vor ruinösen Schadenersatzpflichten zu bewahren. Es soll ihm die Möglichkeit gegeben werden, den Transport besonders schadensanfälliger Güter abzulehnen bzw entsprechende Sicherungsmaßnahmen zu treffen. Dazu muss das Risiko jedoch für den Frachtführer erkennbar sein. Nicht auf § 429 Abs 2 UGB berufen kann sich lediglich der, dem auch ohne entsprechende Angaben der Wert des Frachtguts bekannt ist.

Soweit die Klägerin auf die langjährige Geschäftsbeziehung zwischen ihrer Versicherungsnehmerin und der Beklagten hinweist, wobei letzterer ja auch bekannt gewesen sei, dass es sich bei der Versicherungsnehmerin um ein Juwelierunternehmen handelt, ist ihr zwar beizupflichten, dass sich ein Wissen über Art und Wert des Transportguts etwa auch aus einer laufenden Geschäftsbeziehung oder aus sonstigen Umständen (etwa der Branche des Absenders) ergeben kann. Allerdings hat das Berufungsgericht ua die Feststellung getroffen, die Versicherungsnehmerin habe im Rahmen der Geschäftsbeziehung mit der Beklagten Gegenstände im In- und auch ins Ausland versendet und dabei nicht nur Schmuckgegenstände zur Versendung übergeben, sondern auch andere Sachen wie etwa Unterlagen. Es kann somit nicht gesagt werden, dass ein Juwelierunternehmen ausschließlich wertvolle Schmuckstücke versendet, weshalb der beigezogene (Fahrrad)Botendienst zwingend immer von einem derartigen Transportgut hätte ausgehen müssen.

Die Hauptleistungspflicht des Frachtführers besteht in der Beförderung von Gütern gegen ein bestimmtes Entgelt. Ebenfalls zur Hauptleistungspflicht gehört die Obhutspflicht. Demgemäß hat der Frachtführer alle handelsüblichen und nach den Umständen des Falls zumutbaren Maßnahmen zum Schutz des Guts etwa vor Witterungseinflüssen, Verderb, Diebstahl usw zu treffen. Die Anforderungen, die an die Organisation des Transports von Gütern gestellt werden, sind dabei naturgemäß stark auf den Einzelfall bezogen zu beurteilen. Maßgeblich für die Bestimmung der Sorgfaltspflichten ist jedenfalls die Schadensgeneigtheit des Transportguts. Diese lässt sich wiederum etwa durch deren Wert bzw den Ort des Transports bestimmen. Nach der Rechtsprechung des OGH ist jedoch nicht jeder Organisationsfehler als grob fahrlässig zu qualifizieren; etwa bei Massenabfertigungen könne der Verlust einzelner Stücke nie ganz verhindert werden.