26.06.2008 Wirtschaftsrecht

OGH: Abgrenzung Miet- / Pachtvertrag

Die Vereinbarung eines umsatzabhängigen Bestandzinses spricht für sich allein noch nicht für das Vorliegen eines Pachtverhältnisses, zumal auch die pachtrechtlichen Bestimmungen des ABGB eine derartige Mietzinsbildung nicht eigens vorsehen


Schlagworte: Vertragsrecht, Pacht, Miete
Gesetze:

§§ 1090 ff ABGB, MRG

GZ 1 Ob 25/08w, 03.04.2008

OGH: Ob ein Bestandvertrag den für Mietverträge oder aber den für Pachtverträge geltenden Gesetzesbestimmungen unterliegt, ist, wenn das Bestandverhältnis sowohl Elemente des einen als auch des anderen Vertragstyps aufweist, gem § 1091 Satz 2 ABGB nach dem Überwiegensprinzip zu beurteilen. Es ist somit nach typologischen Merkmalen zu ermitteln, ob ein bestimmtes Bestandverhältnis "mehr Miete" oder "mehr Pacht" ist.

In Einzelfällen kann ein Überwiegen der pachtvertraglichen Elemente selbst dann angenommen werden, wenn ein Unternehmen vom Bestandnehmer erst aufgebaut werden muss; eine Qualifikation als Pachtvertrag kommt dann nur in Betracht, wenn der Bestandgeber alle wesentlichen Grundlagen für das zukünftige Unternehmen zur Verfügung stellt. Wurde dem Bestandnehmer ein (nicht unerheblicher) Teil seiner Kunden von dem Bestandgeber "zur Verfügung gestellt", so stellt dies allein noch kein pachtvertragstypisches Kriterium dar, da der Bestandnehmer auch bei typischen Mietverträgen in einer gut frequentierten Geschäftsstraße seine Kunden aus der jedenfalls vorhandenen Schar von Kaufwilligen akquirieren kann.

Die Vereinbarung einer Betriebspflicht im Rahmen einer Unternehmenspacht dient in erster Linie dazu, zu gewährleisten, dass dem Verpächter bei Beendigung des Pachtverhältnisses ein lebendes und ertragsfähiges Unternehmen zurückgestellt wird. Der Umstand, dass die Rückstellung eines lebenden Unternehmens nicht vereinbart wurde, spricht massiv für das Vorliegen von Geschäftsraummiete. Die Vereinbarung eines umsatzabhängigen Bestandzinses spricht nicht für das Vorliegen eines Pachtverhältnisses, zumal auch die pachtrechtlichen Bestimmungen des ABGB eine derartige Mietzinsbildung nicht eigens vorsehen. Das Gesetz lässt auch bei einem typischen Mietvertrag über Geschäftsräumlichkeiten verschiedene Vereinbarungen über die Mietzinsbildung zu, soweit diese nicht dazu führen, dass allfällige gesetzliche Höchstgrenzen (zB ein "angemessener Mietzins" iSd § 16 Abs 1 MRG) überschritten werden.