07.08.2008 Wirtschaftsrecht

OGH: Wettbewerbsverletzungen im Internet - Urteilsveröffentlichung nur im Internet?

Suchen voraussichtlich nicht alle ehemaligen Kunden eines Unternehmens, die ein objektives Interesse an der Information über dessen bedenkliche Geschäftspraktiken bei Vertragsabschlüssen haben, neuerlich die Internetseiten dieses Unternehmens auf, so ist ein Unterlassungsurteil im Regelfall nicht nur dort zu veröffentlichen


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, Urteilsveröffentlichung, Internet, Printmedium
Gesetze:

§ 25 UWG, § 30 KScG

GZ 4 Ob 18/08p, 20.05.2008

Das Berufungsgericht hat das Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung auch in einem Printmedium mit der Begründung abgewiesen, dass bei Wettbewerbsverletzungen, die im Internet begangen wurden, regelmäßig nur eine Urteilsveröffentlichung im Internet in Betracht komme.

OGH: Wie das Berufungsgericht an sich zutreffend ausführt, hat der Senat in 4 Ob 174/02w tatsächlich ausgesprochen, dass bei Wettbewerbsverletzungen im Internet auch die Urteilsveröffentlichung regelmäßig nur im Internet zu erfolgen habe. Diese Entscheidung kann allerdings nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden.

Zweck der Urteilsveröffentlichung (§ 25 UWG, hier teils iVm § 30 Abs 1 KSchG) ist es, unlautere Wettbewerbshandlungen in der Öffentlichkeit aufzudecken und die beteiligten Verkehrskreise über die wahre Sachlage aufzuklären; dabei soll der Weiterverbreitung unwahrer Ansichten entgegengewirkt werden. Die beteiligten Kreise sollen sich entsprechend informieren können, um vor Nachteilen geschützt zu sein. Wie die Veröffentlichung zur Erfüllung dieser Zielsetzung gestaltet sein muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Im vorliegenden Fall dient die Veröffentlichung insbesondere dazu, ehemalige Vertragspartner der Beklagten über die Rechtswidrigkeit einzelner von der Beklagten angewandter Geschäftspraktiken aufzuklären. Dadurch werden diese Kunden nicht nur vor neuerlichen Vertragsabschlüssen aufgrund ähnlicher Praktiken gewarnt, sondern auch in die Lage versetzt, allfällige Rückforderungsansprüche gegen die Beklagte geltend zu machen. Diese ehemaligen Vertragspartner der Beklagten werden indes in vielen Fällen - verärgert über deren Geschäftspraktiken - gerade nicht auf deren Internetseiten zurückkehren.

Damit unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt deutlich von jenem, der der Entscheidung 4 Ob 174/02w zugrunde lag. Denn dort war eine Information ehemaliger Kunden oder Nutzer, die nicht auf die Website zurückkehrten, nicht notwendig. Hier erfordert der Zweck der Urteilsveröffentlichung demgegenüber auch eine Veröffentlichung in einem Printmedium. Denn nur so ist (weitgehend) sichergestellt, dass die ehemaligen Kunden der Beklagten von der Rechtswidrigkeit der beanstandeten Praktiken erfahren. Weiters wird dadurch verhindert, dass sich in Anbieterkreisen die Auffassung verfestigt, eine dem Internetauftritt der Beklagten vergleichbare Vorgangsweise entspreche den Erfordernissen des Lauterkeits- und Fernabsatzrechts. Eine Beschränkung der Veröffentlichung auf die Internetseiten der Beklagten würde dieser Zielsetzung nicht gerecht.