14.08.2008 Wirtschaftsrecht

OGH: Mietzinsanhebung bei Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten gem § 12a Abs 3 MRG

Die Aufstockung von 50,5 % auf 75,25 % der Geschäftsanteile an einer Mietergesellschaft führt im Allgemeinen zu keinem Machtwechsel iSd § 12a Abs 3 MRG


Schlagworte: Mietrecht, Mietzinsanhebung, Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten
Gesetze:

§ 12a Abs 3 MRG

GZ 1 Ob 235/07a, 10.06.2008

OGH: Nach stRsp des OGH liegt ein Machtwechsel bei Kapitalgesellschaften iSd § 12a Abs 3 MRG grundsätzlich dann vor, wenn es zum "Kippen der Mehrheitsverhältnisse" kommt. Ein "Kippen der Mehrheitsverhältnisse" ist dann gegeben, wenn es dem Machtträger aufgrund seiner geänderten gesellschaftsrechtlichen Position nunmehr möglich ist, die Geschicke der Gesellschaft faktisch zu bestimmen, weil deren rechtliche Strukturen keine Handhabe bieten, ihn daran wirksam zu hindern. Dabei ist vor allem an die Bestellung und die Abberufung der Geschäftsführungsorgane zu denken. Ein Machtwechsel tritt gewiss auch dann ein, wenn ein Gesellschafter an der Mietergesellschaft mit einem Stammkapital von 50 % beteiligt war und eine weitere Stammeinlage von 25 % erwirbt, sodass er über einen Geschäftsanteil von 75 % und damit über jene Dreiviertelmehrheit verfügt, die ihn gem § 50 Abs 1 GmbHG berechtigt, sogar den Gesellschaftsvertrag zu ändern.

Im vorliegenden Fall erreichte der Mehrheitsgesellschafter 1997 die Dreiviertelmehrheit und könnte somit "sogar" den Gesellschaftsvertrag ändern. Weiters berechtigt ihn dieser qualifizierte Mehrheitsbesitz ua zur Veräußerung des Gesellschaftsvermögens als Ganzes, zur Vornahme einer Verschmelzung bzw einer formwechselnden Umwandlung in eine AG oder zur Fassung eines verhältniswahrenden Spaltungsbeschlusses. Dies alles bedeutet aber nicht ein "Kippen der Mehrheitsverhältnisse". Norbert S***** hatte bereits vor der streitgegenständlichen Aufstockung seiner Geschäftsanteile die absolute Mehrheit der Anteile an der Mietergesellschaft inne. Er konnte auch schon vor der Aufstockung über die Geschicke der GmbH bestimmen. Die hier erfolgte Erhöhung der bereits bestehenden Stimmenmehrheit bewirkte keine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Gesellschaft.

Die Aufstockung von 50,5 % auf 75,25 % der Geschäftsanteile stellt auch keine Veränderung dar, die einer Änderung der wirtschaftlichen Machtverhältnisse in der Gesellschaft nahe käme. Dem Gesetzgeber ging es (nur) darum, typische Umgehungsfälle zu erfassen. Tragender Gedanke des § 12a Abs 3 MRG ist es, zu verhindern, dass durch gesellschaftsrechtliche Möglichkeiten mehrheitlich andere Personen als der bisherige Mieter zum Nachteil des Vermieters einen unangemessen niedrigen Mietzins verwerten können.