21.08.2008 Wirtschaftsrecht

OGH: Erstellen einer Homepage durch Dienstleister - bloß prekaristisch zur Verfügung gestellte Domain?

Wird ein EDV-Dienstleister mit dem Erstellen eines Internetauftritts unter einer bestimmten Domain beauftragt, die zum Zeitpunkt der Auftragserteilung für ihn registriert ist, so wird ergänzende Vertragsauslegung im Regelfall ergeben, dass neben dem Erstellen der Inhalte auch die Übertragung der Domain geschuldet wird


Schlagworte: Internetrecht, Domain, Erstellen einer Homepage, Werkvertrag
Gesetze:

§§ 1165 ff ABGB, § 914 ABGB

GZ 4 Ob 47/08b, 20.05.2008

OGH: Wird ein EDV-Dienstleister mit dem Erstellen eines Internetauftritts unter einer bestimmten Domain beauftragt, die zum Zeitpunkt der Auftragserteilung für ihn registriert ist, so wird ergänzende Vertragsauslegung im Regelfall ergeben, dass neben dem Erstellen der Inhalte auch die Übertragung der Domain geschuldet wird. Denn vernünftige Parteien würden in einem solchen Fall nicht vorsehen, dass die Domain weiterhin in der Verfügungsberechtigung des Dienstleisters verbliebe und dem Kunden nur - wie hier behauptet - "prekaristisch" zur Verfügung gestellt würde. Eine derartige Regelung stünde im diametralen Gegensatz zu den Interessen des Kunden: Einerseits würde er in einen Webauftritt investieren, der unter einer bestimmten Domain aufgefunden werden kann. Daher müsste sein Interesse darauf gerichtet sein, diese Domain - etwa durch Hinweise in Geschäftspapieren oder Werbematerial - bekannt zu machen. Andererseits liefe er Gefahr, diese Domain wegen Beendigung des angeblichen "Prekariums" jederzeit zu verlieren. Damit verlöre er aber auch den dafür erworbenen Bekanntheitsgrad, ohne den diesbezüglichen Aufwand ersetzt zu bekommen. Das gilt umso mehr, wenn die konkrete Domain für den Kunden - wie hier - wegen der (teilweisen) Übereinstimmung mit seinem Namen von besonderem Interesse ist. Die bestimmungsgemäße Nutzung der Leistung erfordert daher zumindest im konkreten Fall die Übertragung der Domain. Dem stehen keine schützenswerten Interessen des Dienstleisters gegenüber. Denn der einzige Grund für die Nichtübertragung der Domain wäre die dadurch faktisch bewirkte Kundenbindung. Eine solche Bindung könnte zwar in Bezug auf die Wartung des Internetauftritts vereinbart werden. Redliche Parteien würden aber nicht versuchen, sie verdeckt über das Zurückbehalten der Domain zu begründen. Mit dem möglicherweise berechtigten Interesse eines EDV-Dienstleisters an der Nichtherausgabe des Quellcodes lässt sich diese Fallgestaltung nicht vergleichen. Eine bloß "prekaristische" Nutzung der Domain hätte daher ausdrücklich vereinbart werden müssen.