02.10.2008 Wirtschaftsrecht

OGH: KartG - vollständige Senatsbesetzung bei Aufnahme von Beweisen bzw Durchführung einer mündlichen Verhandlung?

Weder die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, noch die Aufnahme von Beweisen vor dem Kartellgericht muss in vollständiger Senatsbesetzung durchgeführt werden


Schlagworte: Kartellrecht, Besetzung, Aufnahme von Beweisen, Durchführung einer mündlichen Verhandlung
Gesetze:

§ 38 KartG, § 47 KartG, § 58 AußStrG

GZ 16 Ok 4/08, 16.07.2008

OGH: Nach § 47 KartG hat auf Antrag einer Partei eine Verhandlung stattzufinden. Das KartG schreibt nicht vor, in welcher Besetzung eine solche Verhandlung durchzuführen ist. Auch das AußStrG, das bei Fehlen einer speziellen Regelung im KartG nach dessen § 38 zur Anwendung gelangt, sieht keine obligatorische Verhandlung vor, sondern lässt sogar die Aufnahme von Beweisen außerhalb einer mündlichen Verhandlung zu (vgl § 20 AußStrG). Die Besetzung des Gerichts in einer mündlichen Verhandlung wird ebenfalls nicht festgelegt. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit - der im Übrigen ohnehin nur die Beweisaufnahme betrifft - gilt auch nach dem neuen AußStrG nicht zwingend. Weder die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, noch die Aufnahme von Beweisen vor dem Kartellgericht muss daher in vollständiger Senatsbesetzung durchgeführt werden. Dafür spricht auch § 52 Abs 2 AußStrG, der für das - regelmäßig in Senatsbesetzung entscheidende - Rekursgericht ausdrücklich die Durchführung der Rekursverhandlung, und zwar auch zur neuerlichen Aufnahme von in erster Instanz unmittelbar aufgenommenen Beweisen, durch einen beauftragten Richter des Rekursgerichts für zulässig erklärt. Nach der Regierungsvorlage wird zur Wahrung eines nicht ausufernden Unmittelbarkeitsprinzips die persönliche Wahrnehmung eines beauftragten Richters aus dem Senat für ausreichend erachtet. Keineswegs müssen daher, wie der Rekurs meint, an der Verhandlung des OLG Wien als Kartellgericht "begrifflich" sämtliche Senatsmitglieder teilnehmen. Dies umso weniger, wenn die Verhandlung, wie im vorliegenden Fall, lediglich der Erörterung des Sach- und Rechtsvorbringens und der Einräumung der Möglichkeit zur Schlüssigmachung des Vorbringens der Antragstellerin dient.