27.11.2008 Wirtschaftsrecht

OGH: Werknutzungsrecht - zur Auslegung von Urheberrechtsverträgen

Der Werknutzungsberechtigte erwirbt im Zweifel nicht mehr Rechte, als für den praktischen Zweck der vorgesehenen Werknutzung notwendig erscheint


Schlagworte: Urheberrecht, Auslegung von Urheberrechtsverträgen, Werknutzungsrecht
Gesetze:

§ 26 UrhG, § 914 ABGB

GZ 4 Ob 111/08i, 26.08.2008

OGH: Für die Auslegung von Urheberrechtsverträgen sind die allgemeinen Auslegungsregeln maßgebend, wonach nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks einer Vereinbarung zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen ist. Maßgebend ist das Verständnis eines redlichen und verständigen Menschen bei objektiver Beurteilung. Wird ein Werk im Auftrag eines anderen geschaffen, so wird damit jedenfalls schlüssig das Recht eingeräumt, das Werk zu dem Zweck zu verwenden, zu dem es in Auftrag gegeben wurde. Der Werknutzungsberechtigte erwirbt im Zweifel nicht mehr Rechte, als für den praktischen Zweck der vorgesehenen Werknutzung notwendig erscheint (Zweckübertragungstheorie). Wie weit ein im konkreten Fall eingeräumtes Werknutzungsrecht inhaltlich, zeitlich und räumlich reicht, ist eine Rechtsfrage.

Das von den Parteien im Vorhinein nicht bedachte und daher nicht geregelte Problem, für das das dispositive Recht keine Lösung bietet, bedarf als "Vertragslücke" einer ergänzenden Vertragsauslegung unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsbestimmungen und des Vertragszwecks durch eine Regelung, die vernünftige und redliche Parteien bei wechselseitiger Rücksichtnahme getroffen hätten; dabei ist ein angemessener Interessenausgleich vorzusehen.

Dem Urhebervertragsrecht wohnt die Tendenz inne, dem Urheber die Chance zu geben, an den wirtschaftlichen Früchten, die aus der Nutzung seines Werks gezogen werden, tunlichst teilzuhaben und darüber hinaus jede ins Gewicht fallende Nutzung kontrollieren zu können, zumindest aber ein angemessenes Entgelt für sie zu erhalten.

Ein Werknutzungsrecht umfasst auch solche ändernden Eingriffe des Nutzungsberechtigten in das Werk, die für den praktischen Zweck der von den Vertragsparteien ins Auge gefassten Werknutzungen erforderlich sind.