29.01.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Identifizierungs- und Verwechslungsproblematik des Begünstigten bei der Bankgarantie

Der Garant muss zur Sicherung seiner Rückgriffsansprüche pedantisch genau auf die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen achten


Schlagworte: Garantievertrag, Begünstigter, Identifizierungs- und Verwechslungsproblem, Garant
Gesetze:

§ 880a ABGB

GZ 9 Ob 24/08g, 29.10.2008

OGH: Nach stRsp ist ein Garantievertrag kein abstraktes Schuldversprechen, sondern er ist auf den Sicherungszweck, den Eintritt des Garantiefalls bezogen, der bei der Bankgarantie genau zu umschreiben ist. Jedenfalls gilt im Verhältnis zwischen der Bank und dem Begünstigten der Grundsatz der formalen Garantiestrenge. Enthält im dreipersonalen Garantieverhältnis die Bankgarantie eine sog "Effektiv-Klausel" so wurde auch wiederholt ausgesprochen, dass der Begünstigte die Garantie geradezu "pedantisch" und wortgetreu dem Wortlaut der Klausel gemäß abrufen und innerhalb der Abruffrist auch die entsprechenden Beweise für den Eintritt der in der Garantie enthaltenen Voraussetzungen zu erbringen hat. Geht es doch auch darum, dass der Garant zur Sicherung seiner Rückgriffsansprüche pedantisch genau auf die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen achten muss. Dass der Auftraggeber im Verhältnis zum Begünstigten zur Anerkennung von Abweichungen verpflichtet wäre, reicht für die Inanspruchnahme der Garantiebank durch den Begünstigten nicht aus, weil sich die Garantiebank gerade nicht in den Streit zwischen dem Auftraggeber und dem Begünstigten hineinziehen lassen muss. Sie muss die damit verbundenen Risken nicht durch die Auszahlung der Garantiesumme übernehmen.

Die Garantiebank war hier nicht Vertragspartner des Werkvertrags, sondern hat nur die dargestellte Garantie gegenüber dem ihr benannten Begünstigten abgegeben. Im Hinblick auf die genannten Grundsätze der "pedantischen Erfüllung der Garantie" zur Vermeidung einer Überwälzung des Risikos hinsichtlich der Erbringung der Garantieleistung an den richtigen Begünstigten kann die Garantiebank auch nicht in einem Streit über die richtige Identität des Begünstigten hineingezogen werden. So hat der OGH bereits ausgesprochen, dass dann, wenn ein Begünstigter mit der Firma, die in der Garantie genannt wurde, gar nicht existiert, die Voraussetzungen für einen form- und fristgerechten Abruf durch den Begünstigten nicht bestehen. Geht es doch auch darum, dass die Garantiebank vor allfälligen Einwendungen ihres Auftraggebers beim Rückgriff geschützt werden muss und insoweit zur Legitimationsprüfung hinsichtlich des Begünstigten verpflichtet ist. Dies muss umso mehr gelten, wenn zwar eine Firma genau an der genannten Anschrift existiert, die sich nur durch einen "Punkt" von der früheren Bezeichnung der tatsächlichen Vertragspartnerin des Auftraggebers der Garantiebank unterscheidet und sohin - wie auch der vorliegende Rechtsstreit und die davor liegende Korrespondenz zeigen - erhebliche Rechtsunsicherheiten hinsichtlich des tatsächlichen mit der Garantie Begünstigten entstehen. Dessen Identität ist auch für die Garantiebank von Bedeutung, weil sie für die Durchsetzbarkeit ihrer Ansprüche gegen ihren Auftraggeber relevant sein kann.

Bereits im Zeitpunkt des Erhalts der Garantieerklärung war die Firma der ursprünglichen Vertragspartnerin schon seit mehr als einem halben Jahr geändert. Zudem war nun als weiteres Unternehmen die nur durch einen "Punkt" in der Firma von der ursprünglichen Auftragnehmerin unterschiedene Klägerin unter der selben Anschrift etabliert. Für die Beklagte war bereits zu diesem Zeitpunkt der als Vertragspartner der Nebenintervenientin bezeichnete Begünstigte nicht mehr eindeutig identifizierbar. Die völlig andere Firma und die Verwechslungsmöglichkeit mit der an der selben Firmenadresse tätigen Klägerin machten die Garantie unabrufbar, weil anderenfalls das Risiko der Identifizierung zur Gänze auf die Beklagte überwälzt worden wäre. Es wäre ausschließlich Sache des Vertragspartners der Nebenintervenientin gewesen, dem bereits im Zeitpunkt des Erhalts der Garantieerklärung das Identifizierungs- und Verwechslungsproblem erkennbar war, eine Klarstellung herbeizuführen und die Ausstellung einer neuen Garantie unter eindeutiger Bezeichnung des Begünstigten herbeizuführen.