19.02.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: UWG - zum Unterschieben einer anderen als der bestellten Ware

Erbringt ein Unternehmer eine andere als die vom Verbraucher bestellte Leistung, so liegt darin jedenfalls dann eine unlautere, weil irreführende Geschäftspraktik iSd §§ 1 Abs 3, 2 UWG, wenn der Unternehmer den Verbraucher weder bei der Annahme noch beim Ausführen der Bestellung auf die Abweichung von der Bestellung hinweist und diese auch nicht offenkundig ist; auf ein "systematisches" oder "bewusstes" Unterschieben kommt es nach neuem Recht im Verhältnis zwischen Unternehmern und Verbrauchern nicht mehr an


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, unlautere / irreführende Geschäftspraktiken, Unterschieben einer anderen als der bestellten Ware, Verbraucher
Gesetze:

§ 1 UWG, § 2 UWG

GZ 17 Ob 25/08p, 14.10.2008

Die Klägerin ist Inhaberin der Gemeinschaftsmarke "RED BULL". Sie vertreibt darunter ein als "Energy Drink" bezeichnetes, in Dosen abgefülltes Getränk. Die Beklagte bietet in ihrer Diskothek "Energy Drinks" und damit hergestellte Mixgetränke an. Bestellen Besucher das Getränk "Red Bull", so bekommen sie eine Originaldose der Klägerin. Bestellen sie hingegen das Mischgetränk "Red Bull/Wodka", so verwendet die Beklagte zu dessen Herstellung Containerware eines anderen Anbieters ("Bad Dog").

OGH: Weist der Unternehmer bei Lieferung der Ware oder Erbringen der Dienstleistung nicht darauf hin, dass seine Leistung von der Bestellung abweicht, so täuscht er über die wesentlichen Merkmale des Produkts (§ 2 Abs 1 Z 2 UWG). Denn der Verbraucher wird - außer bei einem offenkundigen Abweichen - annehmen, er erhalte die von ihm bestellte Ware oder Dienstleistung. Trifft das nicht zu, ist der Unternehmer nach § 2 Abs 4 UWG zur Aufklärung verpflichtet. Ohne solche Aufklärung wird der Verbraucher die Leistung in der Regel als Erfüllung annehmen. Das Unterbleiben der Aufklärung ist daher geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte. Das Unterschieben einer nicht bestellten Leistung begründet daher eine irreführende Geschäftspraktik iSv § 1 Abs 3 iVm § 2 UWG.

Auf ein "systematisches" oder "bewusstes" Unterschieben kommt es nach neuem Recht im Verhältnis zwischen Unternehmern und Verbrauchern nicht mehr an. Entscheidend ist vielmehr die Eignung der beanstandeten Geschäftspraktik, das wirtschaftliche Verhalten eines Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen (§ 1 Abs 1 Z 2 UWG). Das kann auch bei einer vereinzelt gebliebenen Handlung zutreffen. Lag in diesem Fall bloß ein einmaliges, auf einem Irrtum beruhendes Fehlverhalten vor, so kann eine Überdehnung des Lauterkeitsrechts ohnehin - abhängig von den Umständen des Einzelfalls - durch Verneinung der Wiederholungsgefahr vermieden werden.

Die Beklagte schenkte auch jenen Kunden, die mit "Red Bull/Wodka" ein bestimmtes Markengetränk bestellt hatten, eine deutlich billigere Containerware aus. Ein nachträglicher Hinweis auf die Zusammensetzung des Getränks durch ein "Fähnchen" ist nicht bescheinigt. Die Beklagte hat zwar versucht, ihre Kunden schon vor der Bestellung durch die Getränkekarte und den Aushang über die Art des tatsächlich ausgeschenkten Getränks zu informieren. Diese Hinweise könnten aber nur ausreichen, wenn die Kunden sie überhaupt wahrgenommen und auch tatsächlich auf das konkret bestellte Produkt bezogen hätten. Kriterium für die Beurteilung dieser Frage ist das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers, der eine dem Anlass angemessene Aufmerksamkeit aufwendet.