19.02.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: § 14 UWG - Unterlassungsanspruch und Wiederholungsgefahr

Auch eine gegenüber Dritten übernommene Unterlassungsverpflichtung kann unter Umständen die Vermutung der Wiederholungsgefahr ganz allgemein entfallen lassen


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, Unterlassungsanspruch, Wiederholungsgefahr
Gesetze:

§ 14 UWG

GZ 4 Ob 171/08p, 18.11.2008

OGH: Der Unterlassungsanspruch wird durch zwei Elemente konkretisiert: eine Unterlassungspflicht und die Gefahr, dass dieser Unterlassungspflicht zuwidergehandelt wird. Bei der Gefahr des Zuwiderhandelns ist zu unterscheiden, ob der zu einer bestimmten Unterlassung Verpflichtete bereits einmal zuwidergehandelt oder ob er sich bisher rechtmäßig verhalten hat. Im ersten Fall wird vermutet, dass er neuerlich zuwiderhandeln werde; es ist daher Sache des Beklagten, Umstände zu behaupten und zu beweisen, denen gewichtige Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen.

Bei Beurteilung des Bestehens der Wiederholungsgefahr ist stets maßgebend, ob dem Verhalten des Beklagten in seiner Gesamtheit gewichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen. Als Indiz für ihr Bestehen ist es zu werten, wenn der Beklagte im Prozess seine Unterlassungspflicht bestreitet. Zwar lässt auch in diesem Fall das Angebot eines vorbehaltlosen, auch das Veröffentlichungsbegehren erfassenden Unterlassungsvergleichs die Vermutung der Wiederholungsgefahr regelmäßig wegfallen. Es kommt aber auch hier darauf an, ob dem Verhalten des Verletzers nach der Beanstandung und während des Rechtsstreits ausreichende Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen; dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die im Einzelfall für oder gegen eine solche Sinnesänderung des Verletzers sprechen.

Nach diesen Grundsätzen kann auch eine gegenüber Dritten übernommene Unterlassungsverpflichtung unter Umständen die Vermutung der Wiederholungsgefahr ganz allgemein entfallen lassen. Allerdings ist auch in diesem Fall zu prüfen, ob die Unterlassungserklärung tatsächlich ein Indiz für eine echte Sinnesänderung des Beklagten ist und dem Kläger eine entsprechende Sicherheit für das Unterbleiben weiterer Störungen bietet. Dabei steht die Verneinung der Wiederholungsgefahr in einem früheren Verfahren deren Bejahung in einem späteren Verfahren nicht grundsätzlich entgegen, geht es doch um die jeweilige Beurteilung des künftigen Verhaltens, die nach dem jeweils gegebenen Kenntnisstand auch unterschiedlich ausfallen kann. Die Verweigerung des Abschlusses eines auch die Urteilsveröffentlichung erfassenden Unterlassungsvergleichs spricht auch in solchen Fällen gegen den Wegfall der Wiederholungsgefahr.

Das Rechtsschutzinteresse für eine Unterlassungsklage fehlt, wenn im Einzelfall zwischen mehreren Klageberechtigten solche tatsächlichen und/oder rechtlichen Bindungen bestehen, dass nach der Lebenserfahrung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass das schutzwürdige Interesse eines der Klageberechtigten durch einen anderen, der schon über einen entsprechenden Unterlassungstitel verfügt, vollwertig gewahrt wird. Dabei lässt nur das Vorliegen eines Titels, nicht schon ein anhängiges Verfahren das Rechtsschutzinteresse entfallen.

Nach stRsp hat sich das Verbot zwar am konkreten Verstoß zu orientieren, es ist aber im Regelfall eine allgemeinere Fassung zulässig und erforderlich, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen. Damit wird in Wahrheit die Reichweite des Unterlassungsanspruchs umschrieben: Der ursprüngliche Verstoß begründet nicht nur die Gefahr der Wiederholung in unveränderter Form; vielmehr ist zu besorgen, dass der Beklagte - zumal bei einem zu eng gefassten Verbot - Handlungen setzen könnte, die auf ähnliche Weise zum selben Erfolg führen. Auch solche Handlungen können daher schon aufgrund des ursprünglichen Verstoßes verboten werden.