07.10.2007 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Wenngleich § 1157 ABGB, woraus die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers insbesondere abgeleitet wird, vermögensrechtliche Interessen des Arbeitnehmers nicht erwähnt, sind diese vom Arbeitgeber ebenfalls zu wahren


Schlagworte: Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, vermögensrechtliche Interessen des Arbeitnehmers
Gesetze:

§ 1157 ABGB

In seinem Beschluss vom 08.08.2007 zur GZ 9 ObA 90/07m hat sich der OGH mit der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers befasst:

Der Arbeitnehmerin waren Privatfahrten mit dem Firmen-KFZ untersagt. Bei einer trotzdem durchgeführten Privatfahrt verursachte sie einen Sachschaden am KFZ. Der Arbeitgeber nahm die Kaskoversicherung nicht in Anspruch. Er begehrt die Zahlung eines Betrags von EUR 3.026,13 sA aus dem Titel des Schadenersatzes.

Dazu der OGH: Es steht fest, dass der Kläger nicht versucht hat, den ihm entstandenen Schaden aus der für das Unfallfahrzeug abgeschlossenen Kaskoversicherung zu decken. Nun liegt zwar ganz allgemein keine Verletzung der Schadensminderungspflicht vor, wenn der Geschädigte nicht seine Kaskoversicherung in Anspruch nimmt, sondern sich unmittelbar an den Schädiger wendet; diesem Gedanken liegt jedoch zugrunde, dass außer der Verpflichtung zum Schadenersatz kein besonderes Rechtsverhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem besteht. Die Einordnung der Arbeitskraft und damit der Person des Arbeitnehmers in den Einflussbereich des Arbeitgebers zieht aber dessen Fürsorgepflicht nach sich. Sie ist im Kern die Pflicht zur Wahrnehmung gewisser gefährdeter persönlicher Interessen des Arbeitnehmers. In aller Regel wird hier das persönliche Element nur auf Arbeitnehmerseite eine Rolle spielen; nur ganz ausnahmsweise wird auch der Arbeitgeber seine Person vergleichbarer Weise dem Arbeitnehmer anvertrauen. Allein diese typische Ungleichheit des Schutzbedürfnisses gibt der Fürsorgepflicht ein ganz besonderes Gewicht und lässt sie nur sehr bedingt als Gegenstück der vorwiegend vermögensrechtlichen Interessen dienenden Treuepflicht erscheinen. Dieser Befund wird durch die Grundkonzeption des Arbeitsrechts entscheidend verstärkt. Dessen Ziel ist insgesamt der Schutz des sozial Schwächeren. Wenngleich § 1157 ABGB, woraus die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers insbesondere abgeleitet wird, vermögensrechtliche Interessen des Arbeitnehmers nicht erwähnt, sind diese vom Arbeitgeber ebenfalls zu wahren.

Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht wäre der Kläger daher auch gehalten gewesen, durch Inanspruchnahme der Leistung aus der Kaskoversicherung den entstandenen Schaden zu mindern. Der Kläger hat keine eigenen schutzwerten Interessen geltend gemacht, welche im Rahmen einer Interessenabwägung die Fürsorgepflicht überwiegen könnten.