07.05.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: Vorzeitige Auflösung des Handelsvertretervertrages

Der Mitverschuldenseinwand hat nicht die Funktion, die Rechtsfolgen für denjenigen zu mindern, der die vorzeitige Auflösung des Vertragsverhältnisses unberechtigterweise erklärt hat


Schlagworte: Handelsvertreterrecht, Vertragsverletzung, vorzeitige Auflösung, Mindestintensität
Gesetze:

§ 22 Abs 1 HVertrG

GZ 8 ObA 61/08s, 23.02.2009

Die beklagte Partei löste den Tankstellenpachtvertrag mit der Klägerin wegen Verletzung wesentlicher Vertragsbestimmungen mit sofortiger Wirkung auf. Dem von der Klägerin geltend gemachten Schadersatz- und Ausgleichsanspruch hielt die beklagte Partei entgegen, dass mehrfach Mängel festgestellt und trotz Mahnung nicht beseitigt worden wären, insofern treffe die Klägerin auch ein Mitverschulden an der Vertragsauflösung. Von den Vorinstanzen wurde die vorzeitige Auflösung des Vertrages für nicht berechtigt erachtet. Wenn Vertragspflichten bereits mehrfach verletzt worden seien, müsse der Anlassfall, der letztlich zur Auflösung geführt hat, eine gewisse Mindestintensität aufweisen.

OGH: Den Handelsvertreter zeichnet ähnlich wie den Arbeitnehmer eine wirtschaftliche Unterlegenheit gegenüber dem Geschäftsherrn aus. Aufgrund dieser Übereinstimmung sind die durch die arbeitsrechtliche Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auch auf das Handelsvertreterrecht anzuwenden. Dementsprechend ist im Falle einer unberechtigten vorzeitigen Vertragsauflösung auch ein Mitverschulden des Handelsvertreters entsprechend zu berücksichtigen. Eine Minderung der durch die unberechtigte Auflösung eintretenden Rechtsfolgen tritt dadurch jedoch nicht ein. Die Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung eines Vertragsverhältnisses kann auch durch an sich minder schwere Vertragsverletzungen begründet werden, wobei jedoch der eigentliche Anlassfall eine gewisse Mindestintensität aufweisen muss.