04.06.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: Mietzinsanhebung bei Unternehmensverpachtung gem § 12a Abs 5 MRG

Die Anhebung des Hauptmietzinses im Fall der Unternehmensverpachtung nach § 12a Abs 5 MRG ist - im Gegensatz zur Unternehmensveräußerung - nicht befristet


Schlagworte: Mietrecht, angemessener Mietzins, Mietzinsanhebung, Unternehmensverpachtung
Gesetze:

§ 12a Abs 5 MRG

GZ 4 Ob 3/09h, 24.03.2009

OGH: Der Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit darf das von ihm im Mietgegenstand betriebene Unternehmen ohne Rücksicht auf entgegenstehende Vereinbarungen verpachten. Sowohl der Hauptmieter als auch der Pächter sind verpflichtet, die Verpachtung unter Angabe der dafür vorgesehenen Dauer dem Vermieter unverzüglich anzuzeigen. Der Vermieter kann die Rechtsfolgen der Verpachtung ab dem der Verpachtung folgenden Zinstermin geltend machen. Ist der bisherige Hauptmietzins niedriger als der angemessene Hauptmietzins nach § 16 Abs 1 MRG, so darf der Vermieter für die Dauer der Verpachtung die Anhebung des Hauptmietzinses bis zu dem nach § 16 Abs 1 MRG zulässigen Betrag, jedoch unter Berücksichtigung der Art der im Mietgegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit, verlangen. Ändert der Pächter in der Folge die Art dieser Geschäftstätigkeit, so darf der Vermieter ab diesem Zeitpunkt den nach § 16 Abs 1 MRG zulässigen Hauptmietzins ohne Berücksichtigung der Art der Geschäftstätigkeit verlangen (§ 12a Abs 5 MRG). Wird das im Mietgegenstand betriebene Unternehmen vom Hauptmieter aus wichtigen, in seiner Person gelegenen Gründen, wie insbesondere Krankheit, für einen Zeitraum von insgesamt höchstens fünf Jahren verpachtet, so findet eine Anhebung des Hauptmietzinses für diesen Zeitraum nicht statt (§ 12a Abs 6 MRG).

Im Gegensatz zu § 12a Abs 2 und 3 MRG, welche für die Mietzinsanhebung infolge Unternehmensveräußerung bzw Machtwechsels bei der (juristischen) Person des Hauptmieters eine Befristung des Zinsanhebungsbegehrens vorsehen, enthält § 12a Abs 5 MRG keine Präklusionsfrist für die Geltendmachung durch den Vermieter, wohl aber eine Anzeigepflicht sowohl des Vermieters = Verpächters als auch des Pächters. Der Mieter hat sowohl im Fall der Unternehmensveräußerung (auch in der Form des "Machtwechsels") als auch bei Unternehmensverpachtung ein Interesse an baldiger Klärung der Rechtslage bzw der ihn treffenden Zahlungspflichten und die Möglichkeit zur Mietzinsanhebung beruht in beiden Fällen auf ähnlichen wirtschaftlichen Überlegungen (Berücksichtigung der Interessen des Vermieters). Dennoch unterscheiden sich Unternehmensveräußerung und Unternehmensverpachtung insoweit wesentlich, als im ersten Fall eine Änderung in der Person des mietzinszahlungspflichtigen Mieters eintritt; dies ist bei der Verpachtung allerdings nicht der Fall. Die Unternehmensveräußerung und der damit bewirkte Mieterwechsel ermöglichen dem Vermieter die Anhebung des Mietzinses auf das Ausmaß des § 16 Abs 1 MRG grundsätzlich für die unbefristete Zukunft, die Anhebung des Mietzinses bei Unternehmensverpachtung ist hingegen auf die Dauer dieser Verpachtung beschränkt.

Eine weitere Beschränkung regelt das Gesetz - zeitlich auf höchstens fünf Jahre befristet - für besonders berücksichtigungswürdige persönliche Gründe in der Person des Verpächters (etwa Krankheit, § 12a Abs 6 MRG), welche ebenso für den Vermieter schwierig zu überprüfen sein können, wie die Voraussetzung für eine (weitere) Anhebung des Mietzinses im Fall der Änderung der im Bestandobjekt ausgeübten Geschäftstätigkeit. Diese die Situation auf Vermieterseite im Fall der Unternehmensverpachtung von jener im Fall der Unternehmensveräußerung unterscheidenden Umstände stehen der Annahme entgegen, die beiden vom Gesetz hinsichtlich der Befristung des Anhebungsbegehrens unterschiedlich geregelten Fälle seien dermaßen gleichgelagert, dass das Fehlen der Befristungsregelung im Fall der Unternehmensverpachtung als Gesetzeslücke im Sinne planwidriger Unvollständigkeit angenommen werden könnte. Die Anhebung des Hauptmietzinses im Fall der Unternehmensverpachtung nach § 12a Abs 5 MRG ist daher - im Gegensatz zur Unternehmensveräußerung - nicht befristet.

Es steht dem Vermieter frei, welchen Anhebungsgrund er geltend macht, wenn ein Anhebungstatbestand mehrfach verwirklicht wird oder überhaupt mehrere verschiedene Anhebungstatbestände vorliegen. Das Unterbleiben einer Mietzinsanhebung infolge Unternehmensveräußerung bedeutet daher grundsätzlich nicht, dass auf die infolge Unternehmensverpachtung mögliche Mietzinsanhebung verzichtet wird. Zwar kann bei Dauerschuldverhältnissen ein Verhalten durch längere Zeit Schlüsse auf einen besonderen Willen der Partei erlauben. Allerdings legt § 863 ABGB bei konkludenten Willenserklärungen einen strengen Maßstab an. Maßgebend ist, welche Schlüsse der Vertragspartner aus dem Verhalten nach Treu und Glauben abzuleiten berechtigt war. Ein schlüssiger Verzicht auf vereinbarte oder nach dem Gesetz zustehende Leistungen ist daher nur anzunehmen, wenn er bei Überlegung aller Umstände unzweifelhaft erscheint; an die Annahme eines solchen Verzichts sind strenge Anforderungen zu stellen. Weder aus dem Zuwarten mit dem Anhebungsbegehren trotz Kenntnis der Verpachtung noch aus der Klagezurückziehung unter Anspruchsverzicht für bestimmte, vom nunmehr gegenständlichen Zeitraum abweichende Zinsperioden - ohne nähere Erörterung der Gründe hiefür - vermag die Annahme eines schlüssigen Verzichts auf jegliche Mietzinsanhebung zu rechtfertigen. Die Praxis, dass auch bei Verpachtungen innerhalb von 6 Monaten ein Anhebungsbegehren gestellt würde, vermag daran nichts zu ändern, legt doch die gesetzliche Regelung des Anhebungsanspruchs infolge Unternehmensverpachtung gerade keine Frist fest. Die Furcht, ohne Befristung könnte der Vermieter im schlimmsten Fall bis zu 30 Jahre nach Unternehmensverpachtung eine Mietzinsanhebung geltend machen, ist schon deshalb unbegründet, weil Mietzinsforderungen der dreijährigen Verjährung des § 1486 Z 4 ABGB unterliegen.

Die Veräußerung eines vom Hauptmieter in den Geschäftsräumlichkeiten betriebenen Unternehmens zur Fortführung in diesen Räumen bewirkt den Übergang der Mieterstellung auf den Erwerber des Unternehmens (§ 12a Abs 1 MRG), ohne dass das Vertragsverhältnis - abgesehen von der dadurch ausgelösten Mietzinsanhebungsmöglichkeit - geändert würde. Die Verwirklichung des Mietzinsanhebungstatbestands der Unternehmensverpachtung nach § 12a Abs 5 MRG wird daher nicht verändert. Die Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 5 MRG hängt daher auch nicht davon ab, ob die Unternehmensverpachtung vom nunmehrigen oder einem früheren Hauptmieter des Geschäftslokals vorgenommen wurde.