23.07.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: Unterlassungs-, Rechnungslegungs- und Auskunftsbegehren nach §§ 81 ff UrhG gegen die Verpächterin, wenn der Pächter Plagiate feilhält und die Verpächterin diesen teilweise im Geschäft vertritt

Bloßes Feilhalten von Plagiaten erfüllt den Tatbestand des § 16 Abs 1 UrhG und begründet Ansprüche des Verletzten nach den §§ 81 ff UrhG; gelegentliches Vertreten im Geschäft, in welchem Plagiate ohne Zustimmung des Rechteinhabers präsentiert und verkauft werden, ist ebenfalls tatbestandsmäßiges Handeln iSd § 16 Abs 1 UrhG


Schlagworte: Urheberrecht, Urheberrechtseingriffe, Verbreitungsrecht, Feilhalten, Haftung, Unterlassungsanspruch, Rechnungslegungspflicht, Auskunftspflicht
Gesetze:

§ 16 Abs 1 UrhG, §§ 81 ff UrhG, § 87a UrhG, § 87b UrhG

GZ 4 Ob 34/09t, 12.05.2009

OGH: Der Tatbestand des Verbreitens ist bereits mit dem Feilhalten erfüllt. Darunter ist das (öffentliche) Anbieten eines Werkstücks oder von Kopien eines Werkstücks zu verstehen. Die Beklagte vertrat im Falle seiner Abwesenheit ihren Sohn und Pächter ihres Geschäftslokales, der dort Kopien von Werken aus dem Werkbestand der klagenden Verwertungsgesellschaft ohne deren Zustimmung präsentierte und verkaufte. Zwar steht nicht fest, dass sie tatsächlich einzelne Kopien verkauft hat. Wohl aber folgt aus der "Vertretung", dass auch die Beklagte die strittigen Kopien der Öffentlichkeit anbot, also feilhielt. Darin liegt ein tatbestandsmäßiges Handeln iSd § 16 Abs 1 UrhG. Damit haftet die Beklagte als (Mit)Täterin des Urheberrechtsverstoßes, weshalb der Unterlassungsanspruch der klagenden Verwertungsgesellschaft dem Grunde nach zu Recht besteht. Es kommt für den Unterlassungsanspruch im konkreten Fall nicht auf das bewusste Fördern des unmittelbaren Täters oder das Verletzen einer Prüfpflicht an. Dies wäre nur dann erheblich, wenn die Beklagte selbst nicht tatbestandsmäßig gehandelt hätte. Der Unterlassungsanspruch hat sich jedoch auf den materiell-rechtlichen Anspruch zu beschränken.

Das Rechnungslegungsbegehren dient der Vorbereitung der nach §§ 86 und 87 UrhG gebührenden Ansprüche. Es ist daher nur berechtigt, soweit solche Ansprüche aus dem Vorbringen der Klägerin und dem festgestellten Sachverhalt zumindest dem Grunde nach abzuleiten sind. Die Beklagte hat nicht nur selbst in die Rechte der klagenden Verwertungsgesellschaft eingegriffen, sondern durch die Verpachtung des Geschäftslokals auch die Eingriffe ihres Sohnes ermöglicht. Aufgrund einer im Vorfeld erfolgten musste ihr die Problematik der Urheberrechtseingriffe bewusst sein; zudem war sie durch die regelmäßige Vertretung in den Geschäftsbetrieb ihres Sohnes eingebunden. Unter diesen besonderen Umständen war sie verpflichtet, die von ihrem Sohn vorgenommenen Urheberrechtseingriffe zu verhindern. Sie haftet daher nach § 87 UrhG für den dadurch verursachten Schaden. Damit kann offen bleiben, ob schon das bloße Feilhalten Schadenersatzansprüche begründet und ob Bedienstete und Beauftragte eines Unternehmens auch für ein angemessenes Entgelt iSv § 86 UrhG haften. Sowohl das Rechnungslegungs- als auch das Auskunftsbegehren bestehen daher dem Grunde nach zu Recht; sind aber auf den materiell-rechtlichen Anspruch beschränkt. Ein Rechnungslegungsbegehren ist nur berechtigt, soweit die Zahlungsansprüche, zu deren Bezifferung es dient, aus dem Vorbringen des Klägers und dem festgestellten Sachverhalt zumindest dem Grunde nach abzuleiten sind. Der Auskunftsanspruch nach § 87b Abs 2 UrhG ist auf die Vertriebswege "der" (im konkreten Fall) rechtsverletzenden Waren beschränkt; er umfasst nur Name und Anschrift der "gewerblichen" Abnehmer, nicht hingegen jene privater Abnehmer.