30.07.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Erteilung einer Einzelprokura an ein sonst nur kollektivvertretungsbefugtes Organ der Gesellschaft

Die Erteilung der Einzelprokura an ein sonst nur kollektivvertretungsbefugtes Organ bei Personen- und Kapitalgesellschaften ist unzulässig


Schlagworte: Gesellschaftsrecht, Prokura, Vertretungsbefugnis, Firmenbuch, Löschung, Eintragung
Gesetze:

§ 125 UGB, § 126 UGB, § 10 Abs 2 FBG

GZ 6 Ob 43/09f, 16.04.2009

OGH: Für die Beantwortung der Frage der Zulässigkeit der Erteilung einer Prokura an einen kollektivvertretungsberechtigten Geschäftsführers ist nicht so sehr das formale Argument entscheidend, dass eine solche Erteilung zu einer funktionswidrigen Doppelkompetenz führen würde, als vielmehr inhaltliche Bedenken gegen eine solche Vorgehensweise. Hierdurch würde nämlich die Vertretungsbefugnis des kollektivvertretungsberechtigten Geschäftsführers in starkem Maße an die eines einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer ausgedehnt und so die in der Satzung vorgesehene Kollektivvertretung der Gesellschaft unterlaufen. Dies erscheint sowohl aus der Sicht der Gesellschafter selbst, als auch aus dem Blickwinkel einer Beeinträchtigung von Verkehrsinteressen kaum sinnvoll. Die Interessenlage ist insoweit bei Personen- und Kapitalgesellschaften dieselbe. Ist in einer solchen Konstellation der Prokurist bereits (unrichtig) im Firmenbuch eingetragen, so trifft nicht die Gesellschaft eine Verpflichtung zur Richtigstellung ursprünglich unrichtiger Angaben, sondern eine solche Eintragung ist von Amts wegen gem § 10 Abs 2 FBG zu löschen.