03.09.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: VerG - zu den Rechtsfolgen der fehlenden Befassung einer Schlichtungseinrichtung im Berufungsverfahren

Die fehlende Befassung der Schlichtungseinrichtung für Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis stellt eine formelle Prozessvoraussetzung der Zulässigkeit des Rechtswegs dar, die von Amts wegen zu prüfen ist


Schlagworte: Vereinsrecht, Schlichtungsstelle, Prozessvoraussetzung, Berufungsverfahren
Gesetze:

§ 8 VerG, § 482 ZPO

GZ 8 Ob 138/08i, 18.06.2009

OGH: § 8 Abs 1 VerG normiert, dass die Statuten eines Vereins für die Austragung von Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis eine Schlichtungseinrichtung vorzusehen haben. Sofern es zu keiner früheren Beendigung des Schlichtungsverfahrens kommt, steht der "ordentliche Rechtsweg" sechs Monate ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung offen. Fraglich ist, ob eine fehlende - oder nicht ausreichende - Befassung der Schlichtungseinrichtung auch noch im Rechtsmittelverfahren mit Erfolg releviert werden kann. Dies hängt davon ab, ob man sie als Frage der materiellen Anspruchsvoraussetzungen im Rahmen der Willensbildung des Vereins qualifiziert, auf die das Neuerungsverbot (§ 482 ZPO) zur Anwendung gelangt, oder als formelle Prozessvoraussetzung der Zulässigkeit des Rechtswegs, die von den Gerichten ohnedies amtswegig zu prüfen ist, sodass insoweit ein Neuerungsverbot nicht besteht. Nach Auffassung des Senats ist der zweiten Auffassung der Vorzug zu geben, sodass auch ohne entsprechenden Einwand diese "Prozessvoraussetzung" im Berufungsverfahren geprüft und deren (allfälligen) Mangel aufgegriffen werden kann.