29.10.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Publikums-GmbH & Co KG - mittelbare Beteiligung der Anleger via Treuhand

Zwischen Anlegern und Gesellschaft besteht kein gesellschaftsrechtliches Verhältnis; auch die dem unterbeteiligten Anleger zustehenden (meist schwach ausgestalteten) Mitverwaltungsrechte an der Hauptgesellschaft ändern nichts daran, dass die Unterbeteiligten im Verhältnis zur Gesellschaft Dritte bleiben, nicht Mitglieder der Gesellschaft werden und zu ihr in keinem Vertragsverhältnis stehen


Schlagworte: Gesellschaftsrecht, Publikums-GmbH & Co KG, Treuhand

GZ 9 Ob 68/08b, 29.06.2009

OGH: Die hier von den Beteiligten gewählte Gesellschaftskonstruktion ist die einer Publikums-GmbH & Co KG, deren Besonderheit darin besteht, dass die Kommanditistin (hier die beklagte GmbH) Treuhänderin einer Vielzahl von rein kapitalistischen Anlegern (darunter die Klägerin) ist, die selbst nicht Gesellschafter der KG sind ("kupierte Publikums-KG"). Mit dieser Konstruktion wird vom Leitbild der Personengesellschaft weitgehend abgewichen: Es tritt eine Personengesellschaft auf den Kapitalmarkt, um Anleger zu werben. Bei den Anlegern handelt es sich um Personen, die untereinander und zu den eigentlichen Gesellschaften keinerlei persönliche oder sonstige nähere Beziehung haben, wie sie bei der "normalen" Kommanditgesellschaft regelmäßig vorliegt. Da gegenüber den Anlegern der Gesellschaftsvertrag und der Treuhandvertrag vorgegeben ist und von diesen lediglich unterzeichnet und übernommen werden kann, ist für die Anleger die Situation von der Idee einer personengesellschaftlichen Organisationsform weit entfernt. Durch die Zwischenschaltung des Treuhänders ergeben sich für die KG Vorteile:Sie muss nur einen Kommanditisten ins Firmenbuch eintragen und hat auch gesellschaftsrechtlich nur mit einem Kommanditisten zu tun; sie kann aber das Kapital von vielen kleinen Anlegern lukrieren. Der Anleger selbst profitiert hingegen von der Treuhandkonstruktion nicht: Die nur mittelbare Beteiligung der Kapitalgeber hat eine nur schwache Rechtsstellung derselben und damit Defizite beim Anlegerschutz zur Folge. Für die Anleger stellt sich die Situation - insbesondere wenn (wie hier) monatliche Ratenzahlung vereinbart wird - eher als Sparanlage denn als (mittelbares) gesellschaftliches Verhältnis dar. Bei der Beurteilung konkreter Rechtsfolgen muss also beachtet werden, dass die Aufspaltung des Gegenübers des Anlegers in Treuhänder und Gesellschaft in aller erster Linie im Interesse der Gesellschaft, nicht aber im Interesse der Anleger liegt.

Lehre und Rechtsprechung vertreten zu vergleichbaren Konstruktionen die Auffassung, dass kein gesellschaftsrechtliches Verhältnis zwischen Anlegern und Gesellschaft besteht und dass auch die dem unterbeteiligten Anleger zustehenden (meist schwach ausgestalteten) Mitverwaltungsrechte an der Hauptgesellschaft nichts daran ändern, dass die Unterbeteiligten im Verhältnis zur Gesellschaft Dritte bleiben, nicht Mitglieder der Gesellschaft werden und zu ihr in keinem Vertragsverhältnis stehen.

Auch die in der Lehre erwogene Möglichkeit der Qualifizierung des Innenverhältnisses zwischen Treuhänder und Treugeber als Gesellschaft bürgerlichen Rechts kommt jedenfalls hier nicht in Betracht: Das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten ist nicht gleichrangig. Der Anlegerin wurde ein fertiges Gefüge aus dem Gesellschaftsvertrag der KG und dem Treuhandvertrag präsentiert, auf das sie keinen Einfluss hatte. Die Anleger und die Treuhänderin haben sich zu keinem gemeinsamen Zweck zusammengeschlossen. Die Treuhänderin ist den Anlegern gegenüber zur Treuhand, zur Verwaltung des Gesellschaftsanteils und zur Wahrung der Interessen der Anleger verpflichtet, selbst aber nicht Teil eines Gesellschaftsverhältnisses zwischen ihr und den Anlegern. Der Klägerin ist daher beizupflichten, dass das Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten in aller erster Linie durch den Treuhandvertrag bestimmt wird.