26.11.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Zulässigkeit einer sog Markensatire (Markenparodie)

Eine bekannte (Gemeinschafts-)Marke, die in humorvoll verfremdeter Weise zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen verwendet wird, kann die Unlauterkeit der Ruf- oder Aufmerksamkeitsausbeutung aus grundrechtlichen Erwägungen rechtfertigen, wenn nicht die Bekanntheit der Marke in erster Linie für den Absatz eigener Waren oder Dienstleistungen ausgenutzt wird


Schlagworte: Markenschutzrecht, Gemeinschaftsmarke, Unlauterkeit, Ruf- oder Aufmerksamkeitsausbeutung, Markenparodie, Markensatire, Grundrechtschutz, Kunstfreiheit, Meinungsäußerungsfreiheit
Gesetze:

Art 9 GMV, Art 5 MarkenRL, § 10 MSchG

GZ 17 Ob 15/09v, 22.09.2009

OGH: Voraussetzung für den besonderen Schutz nach Art 9 Abs 1 lit c GMV (Art 5 Abs 2 MarkenRL) ist zunächst, dass die Marke einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt ist; diese Beurteilung hat nach allen relevanten Umständen des Einzelfalles zu erfolgen. Der Schutz der bekannten Marke setzt zwar keine Verwechslungsgefahr voraus, die einander gegenüberstehenden Zeichen müssen einander aber gleich oder ähnlich sein, weil es typischerweise nur durch die gedankliche Verknüpfung dieser Zeichen durch das Publikum zu einer Rufausbeutung, Rufbeeinträchtigung oder Verwässerung der bekannten Marke kommen kann.

Indes ist eine bekannte Marke zwar nur gegen eine unlautere Beeinträchtigung oder Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung geschützt, bei Verwendung eines identischen oder ähnlichen Zeichens liegt es allerdings wegen der bei bekannten Marken offenkundigen Möglichkeit einer Rufausnutzung nahe, unlautere Motive zu vermuten. Für das Ausnützen der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke muss dasselbe wie für das Ausnutzen ihrer Wertschätzung gelten: Ein Dritter, der die bekannte Marke verwendet, um dadurch das Interesse des Publikums auf sein Produkt zu lenken, profitiert von der Bekanntheit dieser Marke, ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen.

Bei einer Markensatire oder Markenparodie, also einer ironisch-kritischen, nicht bloß klamaukhaften Auseinandersetzung mit der Marke, ist aber auch die Meinungsäußerungsfreiheit zu beachten. Die durch eine Aufmerksamkeitsausbeutung indizierte Unlauterkeit einer Markennutzung kann ausnahmsweise zu verneinen sein, wenn das beanstandete Verhalten (auch) als Teil des kulturellen oder gesellschaftlichen Diskurses anzusehen ist und so in den Schutzbereich der grundrechtlich abgesicherten Kunst- oder Meinungsäußerungsfreiheit fällt. In einem solchen Fall ist eine Abwägung mit dem ebenfalls grundrechtlich abgesicherten Markenrecht des Eigentümers vorzunehmen.