26.11.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: Schließt § 15 Abs 2 PSG auch die Bestellung eines Vertreters des Begünstigten zum Vorstandsmitglied aus?

Die Unvereinbarkeit ist auch auf Vertreter der Begünstigten zu erstrecken, könnte doch andernfalls die Regelung des § 15 Abs 2 und 3 PSG leicht umgangen werden; dies gilt jedenfalls für ein aufrechtes Vollmachtsverhältnis


Schlagworte: Privatstiftungsrecht, Stiftungsvorstand, Unvereinbarkeit, Vertreter des Begünstigten
Gesetze:

§ 15 PSG, § 27 PSG

GZ 6 Ob 145/09f, 16.10.2009

OGH: Nach § 15 Abs 2 PSG können ein Begünstigter, dessen Ehegatte sowie Personen, die mit dem Begünstigten in gerader Linie oder bis zum dritten Grad der Seitenlinie verwandt sind, nicht Mitglieder des Stiftungsvorstands sein. Ergänzt wird diese Regelung durch § 15 Abs 3 PSG, der den Kreis auf bestimmte Beteiligte (und deren Ehegatten bzw Verwandte) an juristischen Personen, die Begünstigte sind, ausdehnt. Beide Bestimmungen stellen zwingendes Recht dar.

Durch die Unvereinbarkeitsbestimmungen sollen die Objektivität des Stiftungsvorstands bei der Vollziehung der Begünstigtenregelung gewahrt und Interessenskollisionen vermieden werden. Vorgebeugt werden soll va kollidierenden Interessen der Begünstigten am Erhalt eines Geld- oder Sachbezugs einerseits und der Privatstiftung an der Verwirklichung des Stifterwillens andererseits. Die Wahrung der Objektivität des Stiftungsvorstands dient zusätzlich auch dem Schutz allfälliger Gläubiger und des sonstigen Rechtsverkehrs. Als weiteren Grund nennt die Literatur teilweise auch die Vermeidung von Streitigkeiten zwischen mehreren Begünstigten.

Dass diese gesetzliche Regelung möglicherweise bei Familienstiftungen Probleme mit sich bringen kann, weil eine Person sich zwischen der Begünstigtenstellung und dem Stiftungsvorstandsmandat entscheiden muss, ändert am zwingenden Charakter dieser Bestimmungen nichts.

Die angeführte ratio dieser Bestimmung erfordert, die Unvereinbarkeit auch auf Vertreter der Begünstigten zu erstrecken, könnte doch andernfalls die Regelung des § 15 Abs 2 und 3 PSG leicht umgangen werden. Dies gilt jedenfalls für ein aufrechtes Vollmachtsverhältnis. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass etwa im Gesellschaftsrecht ein Stimmrechtsausschluss auch auf den Vertreter des Betroffenen durchschlägt. So gilt etwa, wenngleich das Gesetz dies - im Gegensatz zu § 142 Abs 1 letzter Satz dAktG - nicht ausdrücklich ausspricht, der Stimmrechtsausschluss nach § 118 Abs 1 Satz 2 AktG nicht nur für den betroffenen Aktionär selbst, sondern auch für jeden, der von ihm als Vertreter, Treuhänder oder Legitimationsaktionär seine Stimmberechtigung ableitet.

Hingegen wäre eine frühere (abgeschlossene) Tätigkeit als Vertreter unschädlich, soweit nicht in besonderen Ausnahmefällen, etwa wegen des außergewöhnlichen Umfangs der Vertretung und des bezogenen Honorars der Anschein entstehen könnte, der betreffende Organwalter sei bei der Ausübung seines Amts als Mitglied des Stiftungsvorstands nicht mehr unvoreingenommen. In diesem Fall könnte das Gericht gem § 27 Abs 2 PSG das betreffende Organmitglied auch abberufen. Umgekehrt würden derartige Umstände naturgemäß der Bestellung der betreffenden Person zum Organmitglied durch das Gericht entgegenstehen.

Dabei ist nicht unbedingt erforderlich, dass Dr. L***** persönlich Bevollmächtigter von Begünstigten war. Vielmehr wäre es auch ein wichtiger Grund, wenn die Rechtsanwaltspartnerschaft, der er als Partner angehört, in einem derartigen Vertretungsverhältnis stand oder steht. Das Ausmaß der Beteiligung spielt hierbei keine Rolle.

Nach herrschender Ansicht sind wichtige Gründe iSd § 27 Abs 2 PSG nämlich alle bedeutsamen Umstände, die die Belange der Gesellschaft bzw Privatstiftung gefährden oder ihr die Beibehaltung der aufrechten Bestellung des Organmitglieds unzumutbar machen.

Dabei können auch Interessenkollisionen, die (noch) nicht den Grad einer Unvereinbarkeit erreichen, einen wichtigen Grund für die Abberufung eines Organmitglieds bilden, wenn dadurch die Verfolgung des Stiftungszwecks, insbesondere bei Vollziehung der vom Stifter vorgesehenen Begünstigtenregelung oder das sonstige ordnungsgemäße Funktionieren der internen Kontrollsysteme nicht mit hinreichender Sicherheit gewährleistet ist.

Im Rahmen der Entscheidung nach § 27 Abs 1 und 2 PSG ist letztlich immer auch eine Prognoseentscheidung vorzunehmen. Entscheidend ist, ob die Verfolgung des Stiftungszwecks mit ausreichender Sicherheit in Zukunft gewährleistet ist. Dabei ist im Hinblick auf die bei der Privatstiftung fehlenden externen Kontrollmechanismen bei der Beurteilung, ob ein Abberufungsgrund vorliegt, kein all zu strenger Maßstab zugrunde zu legen. Vielmehr erfordert die "Verselbständigung" des Vermögens, die fehlende Kontrolle durch Eigentümer und das Nichtvorhandensein von Gesellschaftern - sowohl im öffentlichen Interesse als auch im Interesse der Privatstiftung selbst - eine funktionsfähige Organisation und deren effiziente Kontrolle, um die Gefahr von Missbrauch oder Schädigung hintanzuhalten und um die Erfüllung des Stifterwillens zu gewährleisten.