29.12.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: UWG - zur Werbung mit "Statt-Preisen", bei denen es sich um auf den Zeitpunkt der Markteinführung des Produkts bezogene, mittlerweile jedoch nicht mehr gültige Hersteller/Lieferanten-Listenpreise handelt

Für die Ermittlung des Inhalts einer Werbeaussage ist nach jüngerer Rechtsprechung das Verständnis und der Grad der Aufmerksamkeit eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers maßgebend; dabei ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad von der jeweiligen Situation abhängt und somit stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, irreführende Geschäftspraktiken, Statt-Preise, Werbung
Gesetze:

§ 2 UWG

GZ 4 Ob 54/09h, 29.09.2009

OGH: Nach stRsp des Senats muss eine zulässige Werbung mit "Statt-Preisen" aus dem Wortlaut oder dem Gesamtbild der Ankündigung, welche in ihrer Gesamtheit eine Einheit darstellen, mit ausreichender Deutlichkeit erkennen lassen, um welche Preise es sich bei den angegebenen "Statt-Preisen" handelt. Die Werbung mit Preisgegenüberstellungen verstößt dann gegen § 2 UWG, wenn mangels näherer Erläuterung, auf welche Preise sich der Vergleich beziehe, eine Irreführung des Käuferpublikums möglich ist; angesichts der suggestiven Wirkung einer derartigen Werbemethode ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen und im Interesse der angesprochenen Verkehrskreise zu fordern, dass aus dem Wortlaut oder aus dem Gesamtbild der - als Einheit zu betrachtenden - Ankündigung ausreichend deutlich hervorgeht, auf welche Preise jeweils zu Werbezwecken hingewiesen wird. Der Zeitpunkt, auf den der "Listenpreis" bezogen ist, kann zur Mehrdeutigkeit beitragen. Der angesprochene Durchschnittsinteressent wird grundsätzlich die Erwartung haben, dass es sich um eine nicht weit zurückliegende und daher noch aktuelle Preisfestsetzung handeln wird.

An dieser Rechtslage hat sich durch die UWG-Novelle 2007 nichts geändert. Gem § 2 Abs 1 Z 4 UWG nF gilt eine Geschäftspraktik als irreführend, wenn sie unrichtige Angaben enthält oder sonst geeignet ist, einen Marktteilnehmer in Bezug auf das Produkt über den Preis, die Art der Preisberechnung oder das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils derart zu täuschen, dass dieser dazu veranlasst wird, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Die Frage, ob eine Werbung durch das Verschweigen von wesentlichen Umständen zur Irreführung des Publikums geeignet ist, hängt im Allgemeinen von den Umständen des Einzelfalls ab.

Für die Ermittlung des Inhalts einer Werbeaussage ist nach der jüngeren Rechtsprechung des Senats das Verständnis und der Grad der Aufmerksamkeit eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers maßgebend. Auch bei Heranziehung dieses, an der Rechtsprechung des EuGH zum europäischen Verbraucherleitbild orientierten Beurteilungsmaßstabs ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad von der jeweiligen Situation abhängt und somit stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind.

Das Rekursgericht hat im hier zu beurteilenden Fall die wegen der unterbliebenen Offenlegung der (günstigeren) aktuellen Listenpreise angefochtene Preisgegenüberstellung als zur Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise geeignet beurteilt, weil ihnen regelmäßig keine anderweitigen Informationen über die Höhe und laufenden Veränderungen der Listenpreise der Lieferanten/Hersteller zur Verfügung stehen. Diese Beurteilung hält sich im Rahmen der oben dargestellten Rechtsprechung.