04.03.2010 Wirtschaftsrecht

OGH: Befreiung von Aufstellung eines Konzernabschlusses nach § 246 UGB - zur Frage, ob die Befreiung bereits am zweiten Abschlussstichtag oder erst am dritten Abschlussstichtag eintritt

§ 246 Abs 2 UGB ist so zu lesen, dass die Rechtsfolgen der Überschreitung bzw Unterschreitung der Merkmale gem Abs 1 Z 1 und 2 unter der Voraussetzung, dass diese Merkmale an den Abschlussstichtagen der zwei vorangehenden Geschäftsjahre nicht überschritten bzw unterschritten wurden, erst ab dem folgenden Geschäftsjahr eintreten, dh erst für jenes Geschäftsjahr die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernjahresabschlusses besteht bzw nicht mehr besteht


Schlagworte: Unternehmensrecht, größenabhängige Befreiungen, Konzernabschluss
Gesetze:

§ 246 UGB

GZ 6 Ob 134/09p, 18.12.2009

Hinsichtlich des Geschäftsjahrs 2006 macht der Revisionsrekurswerber geltend, die Gesellschaft sei gem § 246 Abs 1 Z 2 UGB von der Aufstellung eines Konzernabschlusses befreit gewesen, weil die dort genannten Größenkriterien sowohl zum Abschlussstichtag 31. 12. 2005 als auch zum Abschlussstichtag 31. 12. 2006 nicht überschritten wurden. Die Vorinstanzen nahmen eine Befreiung unter Hinweis auf § 246 Abs 2 UGB erst für das Geschäftsjahr 2007 an.

OGH: Nach § 246 Abs 1 Z 2 UGB ist ein Mutterunternehmen von der Pflicht, einen Konzernabschluss und einen Konzernlagebericht aufzustellen, befreit, wenn am Abschlussstichtag eines von ihm aufzustellenden Konzernabschlusses und am vorhergehenden Abschlussstichtag mindestens zwei der drei dort genannten Merkmale zutreffen. Demgegenüber ordnet § 246 Abs 2 UGB an, dass die Rechtsfolgen der Merkmale gem Abs 1 Z 2 ab dem folgenden Geschäftsjahr eintreten, wenn diese Merkmale an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren zutreffen.

Hinsichtlich der Frage, ob die Befreiung bereits am zweiten Abschlussstichtag oder erst am dritten Abschlussstichtag eintritt, scheinen sich die beiden genannten Bestimmungen auf den ersten Blick zu widersprechen. Auch die Literatur ist in dieser Frage gespalten. Während insbesondere Deutsch, Seidl, Wagenhofer, Janschek und Egger/Samer/Bertl die Unterschreitung der Größenkriterien lediglich während zweier aufeinanderfolgender Geschäftsjahre für eine Befreiung als ausreichend erachten und § 246 Abs 2 UGB als eigenständigen Befreiungstatbestand ansehen, wollen Geist und Huemer die Befreiung erst ab dem dritten Geschäftsjahr gewähren.

Auch nach Auffassung des erkennenden Senats besteht zwischen Abs 1 und 2 des § 246 UGB nur ein scheinbarer Widerspruch. Da die Befreiungsbestimmung eindeutig auf den Jahresabschluss abstellt, an dem die Merkmale hierfür zum zweiten Mal zutreffen, kann sich Abs 2 nur auf den Eintritt der Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses beziehen.

Auch eine streng am Wortlaut orientierte Auslegung des § 246 UGB kann nicht zur Interpretation des Abs 1 dahin führen, dass dieser lediglich die Voraussetzungen für den Eintritt der Befreiung normiert, nämlich das zweimalige aufeinanderfolgende Unterschreiten der Kriterien, die Befreiung aber nach Abs 2 erst im dritten Jahr des Unterschreitens der Kriterien in Anspruch genommen werden kann. Dagegen spricht nämlich, dass ein Mutterunternehmen nach Abs 1 von der Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses befreit "ist", wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Um Widersprüche zwischen Abs 1 und 2 zu vermeiden, ist § 246 UGB daher dahin auszulegen, dass Abs 2 anordnet, dass nach mindestens zweimaligem hintereinander erfolgendem Unterschreiten der Größenkriterien eine Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses nicht schon dann besteht, wenn die Größenkriterien erstmalig nicht mehr unterschritten werden, sondern erst im darauffolgenden Jahr. Dafür spricht auch der Wortlaut des Abs 2, der vom "Eintritt der Rechtsfolgen der Merkmale gem Abs 1 Z 1 und 2" und nicht vom "Eintritt der Befreiung" oder vom "Eintritt der Rechtsfolgen des Erfüllens der Merkmale gem Abs 1 Z 1 und 2" spricht. Damit soll offenbar der gesetzgeberische Wille zum Ausdruck gebracht werden, dass Abs 2 die Rechtsfolgen des Überschreitens der Kriterien unter ganz bestimmten Umständen regelt.