08.11.2007 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: IESG und qualitative Änderung der Rechtsgrundlage

Eine qualitative Änderung ist auch darin zu sehen, wenn der Arbeitnehmer nunmehr die Ansprüche für bestimmte Monate als die letzten des "Arbeitsverhältnisses" geltend macht, während er sie im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde noch als Ansprüche geltend macht, die lange vor Ende des "letzten Arbeitsverhältnisses" liegen


Schlagworte: Sozialrecht, Insolvenz-Ausfallgeld, Verwaltungsverfahren, qualitative Änderung der Rechtsgrundlage, Arbeitsverhältnis
Gesetze:

§ 3a IESG

GZ 8 ObS 16/07x, 30.08.2007

Mit seinem Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld begehrte der Kläger Insolvenz-Ausfallgeld für laufendes Entgelt vom 1. 7. 2002 bis 30. 11. 2002 und 1. 7. 2003 bis 31. 8. 2003 samt Zinsen und Kosten und stützte sich darauf, dass sein erstes Dienstverhältnis vom 1. 7. 2002 bis 6. 11. 2002 und sein zweites Dienstverhältnis vom 1. 5. 2003 bis 31. 8. 2003 gedauert habe und daraus diese Beträge offen seien.

Mit der hier maßgeblichen Klage begehrt der Kläger Insolvenz-Ausfallgeld nunmehr nur noch für das Dienstverhältnis vom Juli 2002 bis 6. 11. 2002 zuzüglich Kosten, lässt aber die Abweisung hinsichtlich der Zeit von Mai 2003 bis 31. 8. 2003 unbekämpft. Er stützt sich darauf, dass das zweite Vertragsverhältnis tatsächlich nicht nach dem IESG gesichert sei und macht geltend, dass daher die Rückrechnung der 6-Monatsfrist nach § 3a Abs 1 IESG nur vom Ende des ersten Dienstverhältnisses zu berechnen sei.

OGH: Es stellt sich die Frage, ob der Kläger nunmehr überhaupt noch geltend machen kann, dass das zweite Beschäftigungsverhältnis kein Arbeitsverhältnis gewesen wäre.

In seinem Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld hat der Kläger ausgeführt, dass in der Zeit vom 1. 5. 2003 bis 31. 8. 2003 ein Dienstverhältnis bestanden habe. In seiner Klage hat er dies im Wesentlichen ebenfalls nicht substantiell in Abrede gestellt, sondern nur ausgeführt, dass es sich um ein "atypisches bzw sittenwidriges und daher überhaupt nicht nach dem IESG gesichertes Vertragsverhältnis" gehandelt habe. Wesentlich ist nun, dass die Ansprüche nach § 3a Abs 1 IESG einheitlich zu beurteilen sind. So hat der OGH ausgesprochen, dass es dem Antragsteller nicht durch wiederholte Antragstellung freisteht die 6-Monatsfrist durch neuerlichen Eintritt eines der Tatbestände des § 6a Abs 1 IESG in Lauf zu setzen. Der Antragsteller kann auch nicht dadurch, dass er nur für ihn besonders günstige Teile von Arbeitsverhältnissen geltend macht, bewirken, dass die 6-Monatsfrist für ihn günstigere höhere Entgeltansprüche erfasst. In der Entscheidung zu 8 ObS 206/01d ist der OGH - ebenfalls im Zusammenhang mit der Qualifikation eines Rechtsverhältnisses als Arbeitsverhältnis - von der Bindung des Antragstellers an die Geltendmachung im Konkursverfahren ausgegangen. Maßgeblich ist, dass es nach stRsp den Parteien nicht frei steht, im gerichtlichen Verfahren eine qualitative Änderung der Rechtsgrundlage vorzunehmen (vgl dazu die §§ 65, 67 und 86 ASGG).