15.04.2010 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Zulässigkeit der Fortsetzung einer aufgelösten Privatstiftung

Eine Änderung der Stiftungserklärung durch den Vorstand (ohne Änderungsvorbehalt des Stifters) zur Fortsetzung der Stiftung kommt bei aufrechtem Widerruf des Stifters nicht in Betracht; der Widerruf der Privatstiftung darf mit einer Änderung der Stiftungserklärung nicht unterlaufen werden; diesen Umstand kann das Firmenbuchgericht (im Einzelfall) ohne Vorschaltung des für die Änderung der Stiftungserklärung vorgesehenen Genehmigungsverfahrens wahrnehmen


Schlagworte: Privatstiftung, Außerstreitverfahren, Firmenbuch, Privatstiftung, Auflösung, Fortsetzung, Stiftungserklärung, Änderung, Widerruf
Gesetze:

§§ 33 ff PSG, § 215 AktG

GZ 6 Ob 261/09i, 14.01.2010

OGH: Das PSG enthält im Allgemeinen (dh abgesehen von § 35 Abs 2 Z 3 PSG [Fortsetzung einer nicht gemeinnützigen Privatstiftung nach einer Dauer von 100 Jahren] und § 35 Abs 4 PSG [Fortsetzung nach Aufhebung eines Auflösungsbeschlusses mangels Auflösungsgrund]) keine Bestimmung darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen aufgelöste Privatstiftungen in werbende rückverwandelt (reaktiviert) werden können.

Weitere Möglichkeiten zur Reaktivierung einer aufgelösten Gesellschaft kennt aber das Aktienrecht. Gem § 215 Abs 1 AktG kann die Hauptversammlung die Fortsetzung einer durch Zeitablauf oder durch Beschluss der Hauptversammlung aufgelösten Aktiengesellschaft beschließen, solange noch nicht mit der Verteilung des Vermögens unter die Aktionäre begonnen ist. Gleiches gilt gem Abs 2 leg cit für die Auflösung der AG durch Konkurseröffnung in den dort aufgezählten Fällen der Konkursaufhebung. Nach hA ist § 215 AktG analog auf die GmbH anzuwenden.

Zunächst ist vom Widerruf einer Privatstiftung (§ 34 PSG) die - im Außerstreitverfahren (§ 40 PSG) gerichtlich zu genehmigende - Änderung der Stiftungserklärung durch den Vorstand (ohne Änderungsvorbehalt des Stifters) nach § 33 Abs 2 PSG zu unterscheiden. Diese kommt nur zur Anpassung an geänderte Verhältnisse, nach der Konzeption der Privatstiftung nach dem PSG allerdings nicht bei aufrechtem Widerruf des Stifters, in Betracht. Mit einer Änderung der Stiftungserklärung darf der Widerruf der Privatstiftung durch den Stifter nicht unterlaufen werden. Zudem handelt es sich bei § 215 AktG nach hA auch nicht um eine Satzungsänderung.

Die gerichtliche Genehmigung nach §§ 33, 40 PSG ist mithin vom firmenbuchrechtlichen Eintragungsverfahren zu unterscheiden. Ob nun eine beim Firmenbuchgericht beantragte Genehmigung ab- oder zurückzuweisen (gewesen) wäre, kann (hier) dahingestellt bleiben. Da nämlich das Unterlaufen des Widerrufes überhaupt unzulässig ist, kann das Firmenbuchgericht diesen Umstand auch ohne Vorschaltung eines separaten Genehmigungsverfahrens wahrnehmen.

Im Übrigen war nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt die Frage einer analogen Anwendung des § 215 AktG im Privatstiftungsrecht nicht abschließend zu prüfen.