06.05.2010 Wirtschaftsrecht

OGH: UWG - Schutzrechtsverwarnungen

Beschränkt sich eine Verwarnung auf die Behauptung, der Empfänger der Erklärung greife in ein Schutzrecht des Erklärenden ein, so kann sich ein Unterlassungsanspruch nur aus § 1 UWG (oder allenfalls aus § 1295 Abs 2 ABGB) ergeben; behauptet der Warnende demgegenüber, dass ein anderes Unternehmen als der Erklärungsempfänger in ein Schutzrecht eingreife, so liegt darin eine Tatsachenbehauptung in Bezug auf dieses andere Unternehmen, die iSd § 7 UWG geeignet ist, den Kredit oder den Betrieb dieses Unternehmens zu schädigen


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, Schutzrechtsverwarnungen, unlautere Geschäftspraktiken, Herabsetzung eines Unternehmens
Gesetze:

§ 1 UWG, § 7 UWG

GZ 17 Ob 23/09w, 09.02.2010

Die Klägerin macht geltend, dass ihr die Beklagten durch die Behauptung des "widerrechtlichen Angriffs" auf das Patent der Erstbeklagten - Außendienstmitarbeiter der Erstbeklagten haben entweder die Ärzte über den Inhalt eines derartigen Schreibens informiert oder ihnen dieses Schreiben ausgehändigt - eine rechtlich unzulässige, unseriöse, verbotene und grundsätzlich sanktionierbare Verhaltensweise unterstellt hätten.

OGH: Das beanstandete Schreiben ist - entgegen der Ansicht des Rekursgerichts - nicht als private Urteilsveröffentlichung zu werten, sondern als Schutzrechtsverwarnung. Denn Zielrichtung des Schreibens ist nicht die Information über ein Verfahren, sondern der Versuch, durch die Behauptung eines "widerrechtlichen Angriffs" auf das Patent Einfluss auf die Verschreibungspraxis der Ärzte zu nehmen.

Bei Schutzrechtsverwarnungen sind zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden: Beschränkt sich die Verwarnung auf die Behauptung, der Empfänger der Erklärung greife in ein Schutzrecht des Erklärenden ein, so kann sich ein Unterlassungsanspruch nur aus § 1 UWG (oder allenfalls aus § 1295 Abs 2 ABGB) ergeben. Behauptet der Warnende demgegenüber, dass ein anderes Unternehmen als der Erklärungsempfänger in ein Schutzrecht eingreife, so liegt darin eine Tatsachenbehauptung in Bezug auf dieses andere Unternehmen, die iSd § 7 UWG geeignet ist, den Kredit oder den Betrieb dieses Unternehmens zu schädigen. Denn Tatsachenbehauptung ist jede Äußerung über Vorgänge oder Zustände mit einem objektiv nachprüfbaren Inhalt. Auch "Urteile" sind objektiv nachprüfbar, wenn sie Vorgänge zum Gegenstand haben, die einem Beweis zugänglich sind, und wenn sie von einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Empfänger in diesem Sinn aufgefasst werden. Das ist bei einer Schutzrechtsverwarnung der Fall.

Mit den zu lit a des Sicherungsantrags erfassten Ausführungen wird der Vorwurf erhoben, Hersteller von Generika griffen das Patent "widerrechtlich" an. Diese Behauptung ist eine Tatsachenbehauptung, denn es ist objektiv nachprüfbar, ob das Patent "widerrechtlich angegriffen" wird. Die Behauptung wird nicht dadurch zu einer Wertung, dass das Schreiben den Stand des Sicherungsverfahrens richtig wiedergibt und Vermutungen über dessen Ausgang äußert.

"Widerrechtlich angegriffen" ist seinem Wortsinn nach als rechtswidriger Angriff auf die Rechtsbeständigkeit des Patents zu verstehen. Die Rechtsbeständigkeit des Patents wird durch einen Nichtigkeitsantrag angegriffen; ein solcher Angriff ist - vom Fall des Rechtsmissbrauchs abgesehen - nie widerrechtlich. Soweit die Behauptung daher in diesem Sinn verstanden wird, ist sie jedenfalls unrichtig.

Die Beklagten machen geltend, die angesprochenen Verkehrskreise verstünden die Behauptung nicht dahin, dass die Einbringung eines Nichtigkeitsantrags widerrechtlich wäre, sondern dass die Klägerin mit ihren Nichtigkeitsgründen nicht durchdringen werde. Dabei handle es sich um "einen subjektiven Standpunkt" der Beklagten, der mit Rücksicht auf die Aufklärung über den Stand und Gang des Patentverfahrens kein Wertungsexzess sei.

Die Beklagten verkennen damit, dass das Schreiben nicht als Information über ein Verfahren, sondern als Schutzrechtsverwarnung zu verstehen ist. Als Schutzrechtsverwarnung enthält das Schreiben die - als Tatsachenbehauptung zu wertende - herabsetzende Behauptung, dass sich die Generika-Hersteller rechtswidrig verhalten.

Herabsetzende Tatsachenbehauptungen sind nach § 7 Abs 1 UWG zu beurteilen. Danach muss der Beklagte beweisen, dass die herabsetzende Behauptung wahr ist. Die Beklagten haben dazu nichts vorgebracht. Sie haben va nicht dargelegt, dass und aus welchen Gründen die Einwände der Klägerin gegen die Rechtsbeständigkeit des Patents nicht berechtigt wären.

Allfällige unlautere Wettbewerbshandlungen geben dem davon Betroffenen über das Recht der angemessenen Information der Kundschaft hinaus nicht die Befugnis, selbst unlautere Mittel im Wettbewerb anzuwenden. Erlaubt ist eine sachliche Information über das Fehlverhalten eines Mitbewerbers; ein darüber hinausgehendes Anschwärzen ist unzulässig. Die Beklagten können die Herabsetzung der Klägerin somit nicht mit deren allenfalls unlauterer Wettbewerbshandlung rechtfertigen. Es ist daher für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung, dass die Mitarbeiter der Klägerin behauptet haben, die Erstbeklagte hätte den Prozess über die Patentverletzung verloren.