08.07.2010 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Urheberbezeichnung gem § 20 Abs 1 UrhG iZm Geltendmachung dieses Recht gegen Dritte

Wird die Bezeichnung in weiterer Folge bei (zulässigen oder unzulässigen) Vervielfältigungs- oder Verbreitungshandlungen entfernt, sodass sie von anderen Personen nicht mehr wahrgenommen werden kann, so kann das die Rechtsstellung des Urhebers nicht mehr beeinträchtigen; denn einen gutgläubigen Erwerb gibt es im Urheberrecht nicht


Schlagworte: Urheberrecht, Urheberbezeichnung, Dritte
Gesetze:

§ 20 Abs 1 UrhG

GZ 4 Ob 13/10f, 20.04.2010

OGH: Nach § 20 Abs 1 UrhG bestimmt der Urheber, ob und mit welcher Urheberbezeichnung das Werk zu versehen ist. Unter "Werk" ist dabei nicht nur das Original zu verstehen, sondern auch Vervielfältigungsstücke. Die Klägerin hat daher als Urheberin das Recht, über die Bezeichnung von Vervielfältigungen ihrer Lichtbilder zu entscheiden. Fraglich ist allerdings, ob die Geltendmachung dieses Recht gegen Dritte - wie beim Recht des Lichtbildherstellers nach § 74 Abs 3 UrhG - vom Setzen eines Urheberrechtsvermerks beim Original abhängt.

§ 20 UrhG gewährt dem Urheber das Recht zu entscheiden, ob sein Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen ist. Das Gesetz geht daher gerade nicht von einer uneingeschränkten Bezeichnungspflicht aus, sondern macht sie von einer Entscheidung durch den Urheber abhängig. Daher ist grundsätzlich an der Rsp festzuhalten, wonach der Anspruch auf Bezeichnung von einer diesbezüglichen Entscheidung des Urhebers abhängt.

Richtig ist allerdings, dass diese Entscheidung nicht unbedingt durch eine förmliche Erklärung erfolgen muss. Vielmehr genügt es, wenn der Urheber anlässlich der Veröffentlichung des Werks oder bei der Übergabe eines Werksstücks an einen Dritten erkennen lässt, dass er die Bezeichnung mit seinem Namen wünscht. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Verkörperung des Werks (Bild, Manuskript, Tonträger) unmittelbar mit dem Namen des Urhebers bezeichnet ist. Gleiches gilt aber auch dann, wenn ein Lichtbildwerk in einem Passepartout oder einer Schmuckmappe übergeben wird, die mit dem Namen des Urhebers versehen ist. Denn auch dadurch lässt der Urheber erkennen, dass er auf die Bezeichnung des Werks mit seinem Namen Wert legt. Wird die Bezeichnung in weiterer Folge bei (zulässigen oder unzulässigen) Vervielfältigungs- oder Verbreitungshandlungen entfernt, sodass sie von anderen Personen nicht mehr wahrgenommen werden kann, so kann das die Rechtsstellung des Urhebers nicht mehr beeinträchtigen. Denn einen gutgläubigen (hier "lastenfreien") Erwerb gibt es im Urheberrecht nicht. Mehr noch: selbst wenn der Urheber gegenüber einem bestimmten Dritten auf das Bezeichnungsrecht verzichtet hat, können sich andere Personen, die über kein davon abgeleitetes Recht verfügen, darauf nicht berufen.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin bei der Übergabe der Lichtbilder an ihre Auftraggeberin klar zu erkennen gegeben, dass sie eine Urheberbezeichnung wünscht; dabei ist unerheblich, ob ihr Name im konkreten Fall auf den Lichtbildern selbst oder auf Passepartouts oder Schmuckmappen aufschien. Zwar mag das für die Beklagten Jahre später nicht (mehr) erkennbar gewesen sein. Das kann aber nichts daran ändern, dass sich die Klägerin für die Urheberbezeichnung entschieden und diese Entscheidung bereits lange vor der hier strittigen Veröffentlichung nach außen kundgetan hatte. Nachträgliche Änderungen können die Wirksamkeit dieses Entschlusses nicht beeinträchtigen.

Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist daher nach § 20 Abs 1 UrhG begründet. Auf ein Verschulden der Beklagten kommt es dabei nicht an. Soweit sie sich darauf stützen, es sei ihnen im konkreten Fall unzumutbar gewesen, den Namen der Urheberin zu ermitteln, verkennen sie ihre Rechtsstellung: Veröffentlichen sie ein Lichtbildwerk, so greifen sie in Ausschließungsrechte des Urhebers ein, wenn sie sich nicht auf eine (Kette von) Rechteeinräumung(en) berufen können. Auch bei der Übernahme von Lichtbildern, die eine Nachrichtenagentur zur Verfügung stellt, sind sie daher Ansprüchen des Urhebers ausgesetzt, wenn die Agentur nicht über Verwertungsrechte verfügt und ihnen daher nicht mehr Rechte übertragen kann als sie selbst hat. Weshalb das beim Bezeichnungsrecht des Urhebers anders sein soll, ist nicht zu erkennen.

Für den Fall einer freien Werknutzung (ua) nach § 41 UrhG sieht § 57 Abs 4 UrhG ohnehin vor, dass die Quellenangabe nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten unterbleiben kann. Das könnte bei einer Veröffentlichung im Interesse der Rechtspflege zutreffen, wenn die Veröffentlichung dringlich ist und die Ermittlung des Urhebers trotz gehörigen Bemühens scheitert. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

Nur zur Klarstellung ist festzuhalten, dass der Urheber seine Entscheidung über die Bezeichnung oder Nichtbezeichnung des Werks auch noch nach dessen Veröffentlichung oder der Übergabe eines Werkstücks treffen kann, soweit er nicht gegenüber bestimmten Dritten wirksam darauf verzichtet hat. Denn § 20 Abs 1 UrhG enthält keine Beschränkung dahingehend, dass die Entscheidung in jenem Zeitpunkt zu treffen wäre, zu dem das Werk aus der Sphäre des Urhebers hinaustritt.