02.09.2010 Wirtschaftsrecht

OGH: Bankgarantie iZm Zession und Verletzung vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten der Bank

Eine Bank hat dem Begünstigten in Befolgung ihrer vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten unverzüglich die Beanstandung der fehlerhaften Inanspruchnahme einer Garantie mitzuteilen, wenn dieser dadurch noch die Möglichkeit hätte, die Garantie formgerecht und rechtzeitig in Anspruch zu nehmen


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Garantievertrag, Bankgarantie, Zession, Verletzung vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten, fehlerhafte Inanspruchnahme der Garantie
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 880a ABGB, §§ 1392 ff ABGB

GZ 4 Ob 94/10t, 13.07.2010

OGH: Ob der Begünstigte einer Bankgarantie sein (Gestaltungs-)Recht, die Garantie in Anspruch zu nehmen, in jedem Fall unabhängig von der Zustimmung des Garanten übertragen kann, ist in LuRsp strittig.

Hier steht fest, dass die Klägerin die beklagte Garantin (eine Bank) 2004 davon verständigt hat, dass ihr die Ansprüche aus der Erfüllungsgarantie von der Begünstigten abgetreten worden und Zahlungen aufgrund dieser Garantie schuldbefreiend nur mehr an sie möglich seien; die Beklagte nahm diese Abtretungsanzeige zur Kenntnis. Nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Begünstigten am 6. 11. 2006 rief deren Masseverwalter am 14. 12. 2006 die bis 31. 12. 2006 befristete Bankgarantie ab. Am 7. 1. 2007 fand das erste Gespräch zwischen Mitarbeitern der Beklagten und dem Masseverwalter über die Wirksamkeit der Inanspruchnahme der Garantie statt. In der Folge lehnte die Beklagte die Auszahlung des abgerufenen Garantiebetrags ab, weil bis zum Ablauf der Garantie "kein formell richtiges Inanspruchnahmeschreiben vorgelegen" und infolge der Zession "eine Inanspruchnahme nur durch die [hier klagende Zessionarin] möglich" gewesen sei.

Das Berufungsgericht hat das dem Klagebegehren stattgebende Urteil ua mit der Begründung bestätigt, das auf Schadenersatz wegen Verletzung vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten gestützte Klagebegehren in Höhe des Garantiebetrags sei berechtigt, weil die Beklagte den Masseverwalter nicht vor Ablauf der Garantiefrist auf die ihrer Auffassung nach fehlerhafte Abruferklärung hingewiesen, sondern offensichtlich zunächst das Fristende abgewartet habe, um sodann die Zahlungsverweigerung wider Treu und Glauben mit einer fehlerhaften Inanspruchnahme der Garantie begründen zu können.

Die angefochtene Entscheidung weicht damit nicht von der Rsp ab, dass eine Bank dem Begünstigten in Befolgung ihrer vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten unverzüglich die Beanstandung der fehlerhaften Inanspruchnahme einer Garantie mitzuteilen hat, wenn dieser dadurch noch die Möglichkeit hätte, die Garantie formgerecht und rechtzeitig in Anspruch zu nehmen. Die Garantin muss den Begünstigten grundsätzlich auf eine nicht entsprechende Abruferklärung hinweisen, um ihm eine Verbesserung zu ermöglichen. Den ihr obliegenden Beweis, dass sie ohne ein ihr zurechenbares Verschulden außerstande gewesen sei, ihren vertraglichen Nebenpflichten zu entsprechen, hat die Beklagte nicht angetreten.

Bei dieser Sach- und Rechtslage ist es demnach unerheblich, ob der Masseverwalter als gesetzlicher Vertreter der Begünstigten oder die Klägerin als Zessionarin der Garantierechte die Garantie in Anspruch nehmen konnte, weil die Beklagte in beiden Fällen zahlungspflichtig ist: Sie hat nämlich entweder trotz Abrufs durch den Berechtigten nicht geleistet, oder sie hat den Begünstigten sorgfaltswidrig nicht rechtzeitig auf fristgerecht verbesserbare Mängel der Abruferklärung hingewiesen.